Rezension

Liebe in zwei Zeiten mit Ausrufezeichen zum Schluss

The Things we leave unfinished -

The Things we leave unfinished
von Rebecca Yarros

Bewertet mit 4 Sternen

Rebecca Yarros ist dank „Flammengeküsst“ in aller Munde, doch das Buch habe ich noch nicht gelesen, aber es hat sicherlich bewirkt, dass „The Things We Leave Unfinished“ nun so schnell auch auf den Buchmarkt gekommen ist. Und der Erfolg bei TikTok hat sicherlich auch nicht geschadet, da es bekanntlich ein neuer Maßstab für das Interesse auf dem deutschen Buchmarkt ist. Ich jedenfalls war wegen des wirklich süßen und romantischen Covers an Bord, aber auch wegen der Aussicht, dass zwei Liebesgeschichten auf zwei Zeitebenen erzählt werden. Das habe ich früher öfters schon mal gelesen, warum also nicht nochmal?

Es war auf jeden Fall einfach in die Geschichte einzutauchen, doch beim Hörbuch hatte ich erst kleinere Irritationen. Nicht wegen den Erzählstimmen selbst, die ich beide als sehr angenehm empfunden habe, sondern weil es in der Gegenwart und in der Vergangenheit zwei verschiedene Erzählstile gibt. Bei Georgia und Noah haben wir klar geklärt, dass beide jeweils Kapitel aus ihrer Sicht haben, damit wird dann auch klar zwischen Mann und Frau als Erzählstimme gewechselt. Die Vergangenheit hat Yarros so deutlich nicht getrennt, weswegen die Perspektiven von Scarlett und Jameson oft ineinandergeflossen sind. Das aber wiederum hat mich dann etwas irritiert, weil die Gedanken der Frau dann schon mal vom Mann gelesen wurden und umgekehrt. Wenn man zwei Stimmen hat, dann passiert im Kopf automatisch eine Zuordnung, die hier aber nicht völlig erfüllt wurde. Dennoch habe ich im späteren Verlauf kaum noch darüber nachgedacht, das war also eine Gewöhnungssache. Spätestens in Buchform ist das sowieso kein Kritikpunkt mehr.

Kommen wir nun aber wirklich zum Buch, wo wir tatsächlich zwei Liebesgeschichten erzählt bekommen. Doch es ist deutlich zu merken, dass Yarros ein größeres Faible für Scarlett und Jameson hatte. Zwar gibt es dort auch Zeitsprünge, aber in einem solchen Maße, dass man als Leser und Leserin dennoch immer das Gefühl hat, mit den beiden Figuren und ihrer gemeinsamen Geschichte zu wachsen. Natürlich sind ihre Erlebnisse durch die Schrecken des Krieges auch automatisch dramatischer und aufwühlender, aber auch abseits davon hatte ich den Eindruck, dass den beiden als Paar etwas mitgegeben wurde, was unweigerlich mitreißt. Georgia und Noah sind als Figuren auch charmant und vor allem die erste gute Begegnung der beiden Figuren sorgt schnell dafür, dass man das unterbewusste Prickeln zwischen ihnen versteht. Aber so im Vergleich sind die Gefühle zwischen diesen beiden einfach da. Zudem tun hier eben die Zeitsprünge nicht gut, wenn sich Noah und Georgia genau auf die Bedingungen ihrer Beziehung geeinigt haben, entwickelt er einen Plan und schwupps sind wir auch schon am Ende des Plans, ohne aber die Zeit dazwischen erlebt zu haben, die mir aber eigentlich wichtig erschien. Zudem muss ich auch sagen, dass Georgias Denken und wie sie Noahs Entscheidungen eingeschätzt hat, leicht übertrieben vorkamen. Natürlich sollte es am Ende passend gemacht werden, dass die beiden Liebesgeschichten Parallelen eröffnen, woraus Georgia dann für sich selbst lernen soll, aber ich fand das Verhältnis aus Noahs ‚Fehler‘ und ihrem Beleidigtsein nicht angemessen. Das sind alles so Kleinigkeiten, die zusammengeführt dafür gesorgt haben, dass mich die Liebesgeschichten nicht gleichermaßen unterhalten haben.

Dennoch ist das auch Klagen auf hohem Niveau, denn „The Things We Leave Unfinished“ ist eine wirklich volle Erzählung, die viel zu bieten hat. Durch die Sprünge zwischen den beiden Ebenen entsteht auch ein sehr spannender Lesefluss, denn eigentlich will man ja immer auf beiden Zeitebenen unbedingt wissen, wie es jetzt weitergeht. Dadurch werden gewisse Schwächen in der Geschichte auch ausgemerzt bzw. sie fallen auch gar nicht so schlimm auf. Dazu gibt es eben auch so kleine Mysterien, die dieses Buch so antreiben. Es ist wahrlich kein Thriller, das nicht, aber die Geschichte hat sich einige kleine Aspekte bewusst offen gelassen und kommt daher auch zwischendurch immer wieder mit kleineren Überraschungen um die Ecke. Die größte kommt aber ganz zum Schluss und ich fand es wirklich gelungen. Es war sicherlich auch ein Wagnis, weil es einiges nochmal auf den Kopf stellt. Aber wenn ich dann in Ruhe nochmal alles durchgehe, dann muss ich auch sagen, es passt alles und im Endeffekt macht es die Geschichte sogar noch runder, als wenn Yarros es einfach so hätte auslaufen lassen, wie man vielleicht gedacht hat. Manchmal muss man eben wagen, um groß zu gewinnen.

Fazit: Rebecca Yarros hat mit „The Things We Leave Unfinished” einen sehr komplexen Liebesroman erschaffen, der mit gleich zwei Geschichten das Herz berühren will. Zwar war die Gegenwart für mich etwas konstruierter, aber dennoch wurde ich von Anfang bis Ende gut durch die Geschichte getragen und die große Wendung zum Schluss gibt dem Roman noch einen speziellen Faktor.