Rezension

Literarische Reise nach Spitzbergen

Insel der blauen Gletscher - Christine Kabus

Insel der blauen Gletscher
von Christine Kabus

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist der mittlerweile dritte Norwegenroman der Autorin und am besten als eine Mischung zwischen Landschafts-, Liebes- und Familienroman, teils historisch, teils gegenwärtig einzustufen. Dieses Mal werden wir nach Spitzbergen geführt. Erzählt werden kapitelweise abwechselnd die Geschichten zweier Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben, so dass es sich eigentlich um zwei Bücher in einem handelt.

 

Der erste Handlungsstrang spielt 1907. Die 21jährige Emilie, aus gutbürgerlichem Hause im Ruhrgebiet stammend und gegen die für sie bestimmte, einengende Rolle als Ehefrau in einer arrangierten Ehe rebellierend, nimmt als Mann verkleidet an Stelle ihres Bruders an einer Arktisexpedition teil. Nicht nur sie, sondern auch die übrigen Expeditionsteilnehmer hüten ein Geheimnis. Emilie übersteht so manches Abenteuer und findet auf Spitzbergen auch ihr Liebesglück.

 

Im zweiten Handlungsstrang begibt sich im Jahr 2013 die gerade von ihrem Mann verlassene Reisejournalistin Hanna zu Recherchen für eine Reportage nach Spitzbergen und lernt den Polarforscher Kåre kennen und lieben. Im geschmolzenen Eis entdeckt sie eine Gletschermumie, deren Geheimnis sie aufdeckt.

 

Besteht eine Verbindung zwischen den beiden Protagonistinnen?

 

Das Buch ist für Norwegenliebhaber ein Muss. Der Autorin gelingt es hervorragend, die Landschaft des für uns Deutsche so abseits liegenden Spitzbergens, die Orte und Geschichte dieser Insel sowie so manche norwegische Vokabel (z.B. Øl = Bier; ha det bra = macht es gut) und Besonderheit (z.B. nehmen die Norweger ihre Hauptmahlzeit am späten Nachmittag ein; Spezialitäten sind Rentiercarpaccio, Königskrabbensuppe) zu beschreiben. Das gleiche gilt aber auch für Handlungsorte in Deutschland (Elberfeld, Berlin) und für Personen/Sachen ganz allgemeiner Art (z.B. die Geschichte von Anastasius Rosenstengel; einen als „Hühnergott“ bezeichneten Stein). Selbst vor wissenschaftlichen Themen macht sie nicht halt (z.B. die Versauerung der Meere). Sie hat außergewöhnlich gut recherchiert und das Ergebnis anschaulich dargestellt, so dass derjenige Leser, den das Buch zu einer Reise nach Spitzbergen inspiriert, fast schon auf einen Reiseführer verzichten kann. Es ist kaum zu glauben, dass die Autorin selbst diesen Teil Norwegens überhaupt nicht selbst bereist hat.

Die Romanhandlung hat mich hingegen weniger zu überzeugen vermocht. Die Figuren und Geschehnisse habe ich eher als klischeehaft und trivial empfunden, vor allem die eingearbeiteten Liebesgeschichten. Hier darf man nicht zu hohe Ansprüche stellen und sollte sich schlichtweg unterhalten lassen. Am Ende wird auf jeden Fall alles schlüssig aufgelöst.