Rezension

märchenhafter Lesespaß

In Seide und Leinen. Geschichte einer Königstochter - Patricia Rabs

In Seide und Leinen. Geschichte einer Königstochter
von Patricia Rabs

Bewertet mit 5 Sternen

Da Krieg in ihrem Land herrscht, leben Königstochter Katharina und ihre zwei Brüder nahezu eingesperrt in ihrem Schloss. Als ihre Eltern Katharina eröffnen, dass sie mit einer Verheiratung mit einem anderen Prinzen zum Frieden beitragen könnte, reagiert die junge Frau geschockt, schließlich kennt sie diesen Mann gar nicht. Und so flieht sie nachts aus dem Schloss, um wenigstens noch einmal an einem der Dorffeste teilzunehmen, die sie so liebt. Aber ausgerechnet in dieser Nacht, wird das Dorf und ihr zuhause angegriffen. Katharina verliert in der Folge nahezu alles, sogar ihren Namen...

In Seide und Leinen ist an das Märchen Die Gänsemagd von den Gebrüdern Grimm angelehnt. Ich habe das Märchen im Anschluss an das Buch gelesen, fand die Lektüre im Vergleich zu Patrica Rabs Geschichte aber aufgrund der Erzählweise recht anstrengend, obwohl sie ja vergleichsweise kurz ist.
In Seide und Leinen erinnert zwar an vielen Stellen an die Märchenschreibweise – besonders die altertümlich-höfliche Sprechweise in den Dialogen ist hier als Beispiel zu nennen – und schafft damit eine sehr passende Atmosphäre, der Text lässt sich aber trotzdem absolut flüssig lesen, weil die Sätze nicht zu gestelzt und umständlich daherkommen.

Prinzessin Katharina ist die Ich-Erzählerin der Geschichte. Dadurch erhält der Leser einen eingeschränkten Blick auf die Handlung, denn auch Katharina erfährt von vielen Ereignissen erst später über Erzählungen. Ermöglicht werden aber Einblicke in ihr Innenleben, wodurch die Veränderung, die sie im Verlauf der Handlung durchmacht, gut nachvollziehbar ist. Und so wird die verwöhnte Königstochter mit der Zeit zu einer sehr sympathischen Protagonistin, die für das Leben ihrer Freunde bereit ist, ihr eigenes aufzugeben.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Das Märchen Die Gänsemagd war mir ohnehin relativ unbekannt, und die Handlung war für mich oft überraschend. Es ist sehr spannend, Katharinas Weg zu verfolgen und man kann mitfiebern, wann und wie es ihr vielleicht gelingen wird, doch noch ihre wahre Identität zu verraten. Dabei gibt es viele ruhige, gefühlsbetonte Szenen, aber auch Schreckensmomente und eine gewisse, den Märchen nicht untypische, Grausamkeit fehlen nicht.

Erst beim anschließenden Lesen des Märchens ist mir bewusst geworden, wie gelungen Patricia Rabs einige Elemente des Märchens untergebracht hat. So gibt es in der Handlung natürlich große Abweichungen, aber einige Aussprüche wurden wortwörtlich übernommen und manche Figuren tauchen in ganz neuen Rollen wieder auf und sorgten so nachträglich noch für ein kleines Schmunzeln.

Gelungene Märchenadaption, die mit einem bildhaften, ruhigen Schreibstil für angenehme Lesestunden sorgt. Die Ausweglosigkeit der Handlung sorgt dafür, dass man immer weiterlesen möchte und mit den Figuren mitfiebert, in welche Richtung ihr Schicksal sie lenken wird. Denn nicht für jeden scheint die Wahrheit die beste Lösung zu sein...