Rezension

Mehr psychologischer Spannungsroman als Thriller

Das makellose Mädchen -

Das makellose Mädchen
von Lisa Unger

Bewertet mit 4 Sternen

Seit erster Stunde lese und liebe ich die Bücher von Lisa Unger. Wobei ich gestehen muss, dass ihr letztes Buch schon eine Weile her ist.
An „das makellose Mädchen “ konnte ich auf keinen Fall vorbeigehen.

Der Klappentext klang gar nicht mal so besonders herausragend. Aber trotzdem.
Zudem muss ich wirklich sagen, dass die Story komplett anders war, als ich es erwartet hätte.
Mehrmals habe ich mich beim lesen gefragt, wer wohl am meisten traumatisiert und zerbrochen ist.
Doch von vorn.
Ihr Schreibstil ist sehr speziell und nicht jeder kommt damit zurecht. Doch ich mag ihn einfach total. Dabei begleiten wir die meiste Zeit Wren. Erst im späteren Verlauf kommen noch weitere Charaktere hinzu.
Besonders in Wrens Persönlichkeit ist enorm viel Sorgfalt eingeflossen. Sie ist ein sehr vielschichtiger, aber auch extrem schwieriger Charakter. Unnahbar, kühl. Fast könnte man sogar sagen, sie hat verlernt zu fühlen.
Aber wenn man ihren Hintergrund bedenkt, so ist das gar nicht mal so unvorstellbar.
Irgendwann ist in ihr etwas unwiderruflich verloren gegangen. Sie ist kaputt. Das braucht man gar nicht schön reden. Wenn man bedenkt, womit sie ihr Geld verdient, ist das fast schon makaber. Aber jeder versucht auf seine Art zu heilen.
Dann haben wir noch Adam.
Ein Charakter, den ich überhaupt nicht greifen konnte. Nicht mal ansatzweise. Er war ständig präsent, da ja Wren auch mit zu ihm spricht. Er war ein Phantom, der sowohl Schrecken als auch Faszination verbreitete.
Die Nebencharaktere konnten ebenfalls für sich einnehmen, auch wenn sie mir etwas zu blass waren.
Ich kann nicht mal sagen, dass mir die Charaktere sympathisch waren.
Was mir dagegen wirklich naheging war schlichtweg die Thematik, die unglaublich beklemmend ist.

Lisa Unger befasst sich hier nicht nur mit einem Mordfall. Vordergründig geht es hier um Traumata, Verluste und deren Bewältigung.
Das bietet eigentlich schon genügend Stoff für eine richtig gute Story.
Doch das Ganze wird noch mit einem Vermisstenfall und der Suche nach dem Verdächtigen ausgebaut. Das hätte es in meinen Augen gar nicht mal gebraucht.
Thrill kam dabei nur wenig an.
Es ist schwer, drückend, aber trotzdem auch sehr spannend und nervenaufreibend.
Dabei ist das Buch in drei Teile gegliedert.
Dabei tauchen wir immer wieder in Gegenwart und Vergangenheit ein.
Vieles wirkte am Anfang etwas zusammenhanglos und wirr. Ich brauchte etwas, um mich da wirklich reinzufuchsen.

Dabei lässt die Autorin auch eine gewisse Subtilität walten.
Wren steht stets im Mittelpunkt. Ihr Leid, ihr Trauma, ihr Leben. Der Fokus lag teilweise etwas zu stark auf ihr. So das die anderen Charaktere nicht wirklich eine Chance hatten, aus ihrem Schatten hervorzutreten.
Trotzdem war die Handlung spannend und interessant. Die großen Wendungen gab es leider weniger. Da ich schon früh eine gewisse Ahnung hatte,worauf es hinausläuft und wer sich dahinter verbirgt.

Als Thriller würde ich es nur bedingt einstufen. Erst am Ende kam so richtig nervenaufreibende Spannung auf.
Viel eher gleicht es einem psychologischen Spannungsroman. Denn dieser Roman befasst sich in erster Linie mit den psychologischen Aspekten.
Die Autorin macht sehr gut klar, was der Mensch in dieser Phase durchlebt, mit welchen inneren Konflikten er zu kämpfen hat. Das man mehr existiert als lebt.
Die Hintergründe dabei waren äußerst interessant und erklärten einiges.
Menschlich gesehen konnte ich Wrens handlungsweise nicht immer nachvollziehen. Es grenzte fast an Selbstgeißelung.
Einige Fragen blieben leider etwas außen vor.
Insgesamt konnte mich dieser Roman wirklich fesseln und in seinen Abgrund ziehen, zumal hier alles aus Schatten zu bestehen scheint und nur selten Licht durchdringt.
Ich lege es gern ans Herz. Allerdings muss man sich darauf einlassen, damit es sich richtig entfalten kann.

Fazit:
Lisa Unger hat mit „Das makellose Mädchen “ einen richtig guten Roman geschrieben, der sich mit Traumata und deren Aufarbeitung beschäftigt.
Mehr psychologischer Spannungsroman als Thriller.
Sehr düster und beklemmend.
Zudem mit einer Thematik behaftet, die wirklich nahe geht.
Ich empfehle es gern weiter, allerdings muss man sich darauf einlassen können.