Rezension

Meisterwerk

Augen in der Finsternis - Andreas Herteux

Augen in der Finsternis
von Andreas Herteux

Bewertet mit 5 Sternen

Wer sich Zeit nimmt, sich darauf einlässt, der bekommt ein richtiges Meisterwerk

"Augen in der Finsternis" ist ein sehr ungewöhnliches Buch und das aus mehreren Gründen:

- Die Geschichte. Die Story beginnt mit Elena. Ihre große Liebe ist tot. Sie ist verzweifelt und blickt auf ihr Leben, ihre Entwicklung und ihre Liebe zurück. Klingt noch nicht so außergewöhnlich, aber in Kapitel zwei ist es der Geliebte Gottfried, der erzählt und spätestens jetzt weiß der Leser, dass es hier viel zu berichten gibt. Es folgt eine dramatische Geschichte, mit vielen Wendungen und Charakteren, die alles sind, nur nicht einförmig. Hauptcharaktere, Nebenfiguren und Geschichte passen perfekt ineinander und werden unglaublich gut miteinander verzahnt. Oft ist es der Schein, der die Leserin täuscht: Elena wird als junge Frau eingeführt, die sich selbst bemitleidet und Herzschmerztränen weint. Genau das ist sie nicht. Ihre Entwicklung ist so fantastisch beschrieben, das man als Leserin nur staunen kann. Elena ist ein bärenstarker Charakter, der vor nichts zurückschreckt, um ihre Ziele zu erreichen. Genauso toll ist die Entwicklung bei Gottfried. So ist es auch mit der Geschichte selbst. Erst glaubt die Leserin, es geht nur um Freiheit. Dann, darum die Widerstände der Gesellschaft gegen eine ungehörige Verbindung zu bekämpfen und dann ist da noch ein Raum, in dem die Zeit nicht vergeht...

- Der Stil. Die Story wird aus Sicht der beiden Hauptprotagonisten Elena, einer jungen Adelstochter und Gottfried, dem Sohn eins Großkapitalisten, erzählt. Abwechselnd aus der Ich-Perspektive. Das ist ungewöhnlich und als Leserin musste ich mich daran gewöhnen. Hat man das als Leserin aber erst einmal geschafft, hat die doppelte Ich-Perspektive einen Reiz, den man gar nicht recht beschreiben kann. Beide erzählen die Dinge aus ihrer Perspektiven und gewinnen einer Situation oder einer Person teilweise unterschiedliche Facetten ab. Das ist dramatisch, manchmal auch sehr witzig, aber unbedingt super interessant und lässt die Leserin immer weiterlesen.

- Die Sprache. In der Regel ist man es als Leserin heute gewohnt, dass eine Geschichte gleichförmig erzählt wird und die Dramatik aus der Beschreibung kommt. Hier ist es total abweichend, denn der Stil wird sich der Person und ihrer Gemütslage angepasst. Ist Elena verzweifelt, werden die Sätze kürzer. Glaubt sie sich überlegen, wird es beschreibender. Das ist sprachlich gesehen ganz große Kunst, fordert aber einige Seiten, bis man als Leserin drin ist. Durch diese sprachliche Meisterleistung ist es aber so, als wäre man als Leserin direkt dabei und alles bekommt eine extreme Tiefe und Sogwirkung.

Mein Fazit: Ein Buch, auf das sich die Leserin einlassen muss. Es ist definitiv nichts für die schnelle Nummer. Gelingt der Leserin das, dann bekommt sie ein episches Liebesdrama mit fantastischen Elementen, das brutal in die Tiefe geht und einen tagelang später immer noch im Kopf rumschwirrt.