Rezension

Mord zum Gourmet Dinner

Tödliche Gemälde -

Tödliche Gemälde
von Konrad Bernheimer

Bewertet mit 2.5 Sternen

Eine meiner liebsten Events in der Serie Gilmore Girls ist das Festival der lebenden Bilder. Die Bewohner von Stars Hollow verkleiden sich als Abziehbilder berühmter Kunstwerke und verharren auf der gerahmten Bühne mehrere Minuten in Original-Pose und Setting. In diesem Corona-Jahr hat das Getty Museum im ersten Lockdown zu ebensolcher Challenge gerufen: bleibt Zuhause und stellt berühmte Kunstwerke mit dem nach, was sich an Alltagsdingen so finden lässt. Die beeindruckenden und witzigen Ergebnisse werden seither bei Instagram gepostet. Konrad Bernheimer hat sich ebenfalls von der Kunst inspirieren lassen und nach Jahrzehnten im Kunsthandel nun einen Kunstkrimi als Romandebüt vorgelegt. Sein Alter Ego John Blumenstein ist ebenfalls im Kunsthandel tätig, hat ein fotografisches Gedächtnis, einen psychopathischen Charakter und ein Faible für christliche Heiligenlegenden. Als ihm eines langweiligen Tages ein junger Mann begegnet, der dem Heiligen Sebastian wie aus dem Gesicht geschnitten ist, kommt er auf eine perfide Idee und stellt Guido Renis Meisterwerk in einem Londoner Park wirklichkeitsgetreu nach. Das Ergebnis landet auf dem Schreibtisch seines ungeliebten Zwillingsbruders als ungelöster Mordfall. Ein fast nackter Mann von zwei Pfeilen durchbohrt im Richmond Park. Weitere Inszenierungen folgen und niemand kommt dem Mörder auf die Spur, nur Martin Blume hat eine telepathische Eingebung und verdächtigt seinen Bruder Jonas Blume alias John Blumenstein.

Die Grundidee zum Krimi „Tödliche Gemälde“ gefällt mir gut, nur mit der Umsetzung bin ich unzufrieden. Zum einen bin ich wohl nicht die richtige Zielgruppe, da mich Serien wie Gilmore Girls unterhalten und Beschreibungen von Gourmetessen samt geschmacklicher Nachgang sündhaft teurer Weine zu Tode langweilen. Für letzteres hat Bernheimer eine Schwäche und lässt seinen Charakter von einem First-Class-Dinner in Paris, London oder Venedig zum nächsten hoppen. Zwischendrin verführt er ein paar Frauen, vertickt ein paar exquisite Kunststücke unter der Hand und bringt Leute um. Kein großes Ding. Zum anderen spricht Bernheimer nicht die Sprache, die ich gern lesen würde. Sein Erzählton ist mir zu steif, zu ungeschliffen, regelrecht altbacken. Den Figuren fehlt es an Gestaltung und Tiefe, man langweilt sich mit ihnen, bleibt emotional völlig unberührt. Die Handlung ist hanebüchen. Es passiert einfach zu viel, als dass davon irgendetwas glaubwürdig sein könnte. In meinen Augen wäre hier weniger mehr gewesen. Allein die Tricksereien im Kunsthandel könnten das Format gut füllen, dazu die tödlichen Kunstinszenierungen und der Bruderzwist. Die Fülle der verschiedenen Delikte in ihrer einfachen Aneinanderreihung ermüden mich als Leser ab einem gewissen Punkt nur noch und lassen mich das Interesse verlieren. Das kann ein Autor eigentlich nicht wollen.

An anderer Stelle wäre allerdings mehr unbedingt nötig gewesen: beim Lektorat und Korrektorat. Hier wurden wohl einige Korrekturgänge ausgelassen und das merkt man dem Text leider deutlich an. So verspricht der optisch schön gestaltete Kunstkrimi leider mehr als er zu halten vermag.