Rezension

Nostalgischer, warmherziger Klassiker in neuem Comicgewand

Anne auf Green Gables -

Anne auf Green Gables
von Mariah Marsden

Bewertet mit 4 Sternen

„Es gibt nichts Mächtigeres als ein Mädchen mit Fantasie.“

Eigentlich wollten Marilla und ihr Bruder Matthew Cuthbert einen Waisenjungen aufnehmen, der auf ihrem Hof Green Gables kräftig mit anpacken kann, doch dann wird ihnen das Waisenmädchen Anne Shirley zugeteilt. Zunächst möchte Marilla Anne sofort wieder zurückschicken, doch hat sie nicht mit Annes ganz besonderem, einnehmendem Wesen gerechnet….

 

Der Kinderbuchklassiker von Lucy Maud Montgomery wird als Comicbuch erzählt. Die farbenprächtigen Illustrationen, in vielen Grün- und Rosatönen, sind klar zu erkennen und detailliert gezeichnet. Vor allem die Landschaftsbilder wirken dabei sehr idyllisch. Die Figuren sehen weniger gefällig als charakteristisch aus. Die Gesichter sind etwas grobschlächtig und kantig, aber ausdrucksstark. Manche Doppelseiten bestehen aus einem einzigen großen Bild, auf anderen Seiten sind dagegen bis zu zwölf einzelne Bilder abgedruckt. Teilweise gibt es kurze, erläuternde Begleittexte, aber hauptsächlich wird die Geschichte über Gespräche und Sprechblasen wiedergegeben. Die Texte sind dabei verständlich und prägnant formuliert. Recht klein, aber gut lesbar ist die Schrift.
Das Buch richtet sich an Kinder ab neun Jahren. 

 

Anne Shirley ist ein ganz besonderer Charakter. Sie hat eine ausgeprägte Phantasie und eine ganz spezielle, blumige, poetische, manchmal übertriebene und gleichzeitig drollige Ausdrucksweise. Anne neigt häufig dazu, die Dinge etwas überzudramatisieren. Immer wieder gerät sie in herausfordernde Situationen und tritt dabei nicht selten unabsichtlich in Fettnäpfchen. Gerade ihre kleinen Macken, ihre Ehrlichkeit und ihre originelle Art machen Anne besonders sympathisch. Mit ihrem ganz eigenen Charme überzeugt sie zunächst Matthew, der sie auf Anhieb mag, aber auch die äußerlich strenge Marilla beginnt Anne langsam, aber fest in ihr Herz zu schließen. Selbst Tratschtante Rachel Lynd, deren erste Begegnung mit Anne mehr als unglücklich verläuft, erkennt schließlich Annes besondere Qualitäten. Und dann gibt es ja noch Annes anfänglichen Feind Gilbert Blythe. Alle Figuren werden für mich gemäß der literarischen Vorlage passend dargestellt. 

 

„Anne auf Green Gables“ ist ein wunderbarer Klassiker der Jugendliteratur. Die warmherzige Geschichte wird als Comicbuch gelungen und ansprechend in neuem, modernerem Gewand umgesetzt. Freilich werden dabei viele Handlungsstränge gekürzt, eine knapp 230-seitige Graphic Novel kann nicht so ausführlich und umfassend wie das Original sein, aber dennoch verbreitet auch die Comicversion den ganz speziellen nostalgischen Charme und die schöne Atmosphäre des Werks. Die liebenswerte Hauptfigur Anne wird dabei authentisch dargestellt. Ich habe als Kind die Fernsehserie geliebt und auch die Bücher verschlungen.
Prima, dass der Klassiker durch diesen unterhaltsamen, lesenswerten Comic wieder in Erinnerung gerufen wird und so auch weniger lesebegeisterte Kinder „Anne mit einem E“ kennenlernen können.