Rezension

Pia & Eio

Die Einzige - Jessica Khoury

Die Einzige
von Jessica Khoury

"Moos und Blätter unter meinen Füßen sind so dick und weich wie ein Teppich. Die weiche, feuchte Erde nimmt meine Schritte lautlos auf. Bei jedem Schritt sinke ich ein paar Zentimeter weit ein. Es scheint, als erlaubte sie einer Außenseiterin wie mir nur widerstrebend, das nächtliche Konzert des Regenwaldes zu stören. Frösche, Vögel und Insekten begleiten mit ihren Liedern das ununterbrochene Zirpen der Zikaden."

Hier wird ein ganz brisantes Thema aufgegriffen: Wissenschaftler nehmen sich die Freiheit, ein Mädchen zu erschaffen, das unsterblich ist. Sie wird in einer Forschungsstation abgeschirmt, weggeschlossen und zu Dingen gezwungen, gegen die sich eine immer größere Abwehr in ihr hegt. Sie darf absolut nichts aus dem Leben, das sich vor den Toren von Little Cam abspielt, erfahren. Sie weiß nicht, welche Länder es gibt, kennt kein kulturelles Leben, keine anderen Kinder. Doch im Inneren der 16-jährigen Pia regt sich immer größere Neugier und dann wird sie von ihren Gefühlen übermannt, die sie nicht einmal kannte. Niemand hat sie auf so etwas vorbereitet. Immer öfter stellt sie sich fortan Fragen und brennt darauf, zu entdecken, was es noch anderes im Leben gibt, als ständig bewacht zu werden und ohne Liebe zu leben.

Für mich gehört dieser Roman jetzt schon zu den Highlights in diesem Jahr. Eindringlich, mit sehr viel Gefühl und beeindruckender Sprachvielfalt gelingt es Jessica Khoury aus dem bedrückendem Leben von Pia zu erzählen. Dabei bemerkt das Mädchen erst nicht, was ihr alles entgeht. Typische Teenagerprobleme und Sehnsüchte gibt es nicht, bis sie Eio kennenlernt.

Und so wird der Leser auf die Reise nach Selbstbestimmung, Befreiung und der ersten Liebe in ihrem Leben mitgenommen. Und dieser Weg ist wirklich packend, vor allem die letzten fast 100 Seiten sind so aufwühlend, dass man gar nicht anderes kann, als schnell weiter und zu Ende zu lesen. Überhaupt ist die zarte Liebesgeschichte, die sich entspinnt, wunderbar verfasst.
In dem Buch geht es aber nicht zimperlich zur Sache, es gibt viele traurige Momente. Alles in allem ein Roman, der sich aufgrund der Geschichte und des Handlungsortes abhebt. Ich konnte den undurchdringlichen Dschungel, in all seiner Vielfalt förmlich vor mir sehen und jede Sekunde mit Pia mitfühlen. Zumal in der Ich-Perspektive alles um sie herum noch greifbarer wird.
Eine Geschichte, die stark zum Nachdenken anregt, die ungemein wütend macht, wie der Umstand, welche Opfer gebracht werden, um Ziele zu erreichen. Aber dort ist auch Hoffnung nicht weit. Gern hätte die Thematik noch mehr Seiten umfassen dürfen, weil es einfach ein heikles und spannendes Thema ist. Eine ganz klare Leseempfehlung.