Rezension

Selten wirklich mitreißend

Die Einzige - Jessica Khoury

Die Einzige
von Jessica Khoury

Bewertet mit 3 Sternen

Die Außenwelt! Ich hab's getan! Ich habe einen Weg nach draußen entdeckt und die Gelegenheit ergriffen und mich nur ein Mal umgeschaut. Jetzt erst ist mir klar, wie sehr ich mir das gewünscht habe. Freiheit. Sie ist so berauschend wie eine Droge, wie ein Adrenalinstoß. Die wilde Pia und die schüchterne Pia verschmelzen. Ein Hochgefühl bezwingt meine Angst. Ich bin eins mit mir. Ich bin ganz frei. Ich bin frei.
Ich bin so sehr mit meinen Gefühlen beschäftigt, dass ich den Jungen erst bemerke, als wir zusammenstoßen.

--

INHALT:
Die 17-jährige Pia ist in einem Ort namens "Little Cambridge" aufgewachsen, der mitten im Dschungel liegt. Die Außenwelt hat sie noch nie gesehen, damit sie nichts vermisst, wenn sie niemals dort weg kann. Denn Pia ist unsterblich und die Einzige ihrer Art. Und mit ihrer Hilfe soll eine Rasse von Unsterblichen entstehen. Doch schon länger fühlt sie sich wie eine Gefangene und so ergreift sie nach einem Sturm die Gelegenheit und erkundet die Umgebung. Unterwegs begegnet sie Eio, einem Jungen, der ihr eine Welt und Kultur zeigt, die sie noch nie gesehen hat. Bald ist sie hin- und hergerissen zwischen ihrem eigentlichen Leben und ihrer Sehnsucht nach Freiheit - und als sie dann noch eine schreckliche Entdeckung macht, weiß sie endgültig nicht mehr, auf welcher Seite sie steht...

MEINE MEINUNG:
Das Thema Unsterblichkeit ist nicht selten im Romanbereich und daher an vielen Stellen schon ausgelutscht - Jessica Khoury widmet sich dem Stoff aber auf wissenschaftliche und phantastische Art, was das Ganze origineller macht. Ihr Schreibstil ist dabei sehr angenehm zu lesen und wenig jugendlich, eher nachdenklich und ruhig. Beschreibungen gibt sie oftmals in kompletten Absätzen wieder, was zwischenzeitlich etwas ermüdend ist, gleichzeitig beschreibt sie so aber auch wunderschön, lebendig und sehr bildlich den Dschungel, den ich als Schauplatz eines Jugendbuches noch nicht oft erleben durfte.

Pia selbst ist eine durchaus recht sympathische Protagonistin, mit der man sich die meiste Zeit über gut identifizieren kann. Aufgewachsen in Little Cam und isoliert von der Außenwelt ist es klar, dass sie alles glaubt, was ihr erzählt wird. Dass sie allerdings tatsächlich so lange braucht, um einen Schritt nach vorn zu wagen und sich dann immer wieder so vehement der Wahrheit verschließt - auch, wenn sie dies später zugibt -, war mir zwischendurch etwas unverständlich. Der junge Eio, ein Eingeborener beziehungsweise Mitglied des Stammes der Ai'oaner, ist derjenige, der ihr das echte Leben zeigt. Dabei ist er einfühlsam, zärtlich und gutmütig, allerdings aufgrund seiner mangelnden Ecken und Kanten auch recht langweilig.

Dagegen sind besonders die Wissenschaftler sehr vielfältig und interessant gelungen: Besonders Paolo, der Leiter des Camps, besitzt eine skrupellose Art und tut alles, um sein Ziel zu verfolgen, und auch, wenn sein Weg unfassbar grausam ist, so wirkt er doch glaubwürdig. Auch Antonio, ein eher stiller und sanfter Mann, der Pia immer sehr nah war, hat gute und schlechte Seiten, die ihn authentisch wirken lassen - besonders aber seine freundliche Art macht ihn sympathisch. Dagegen konnte ich das blinde Folgen und die Art von Pias Mutter nicht verstehen, ihr Verhalten schien mir da doch ein wenig zu heftig und geradezu grausam. Insgesamt sind beinahe alle Nebencharaktere alledings gut bis ausreichend charakterisiert, weswegen sich hier kein großer Kritikpunkt finden lässt.

Dieser steckt nämlich eher im Voranschreiten der Geschichte - beziehungsweise eher im nicht vorhandenen Voranschreiten. Das Ganze plätschert ewig lange vor sich hin und scheint sich die meiste Zeit über im Kreis zu drehen. Es dauert allein schon beinahe 100 Seiten, bis Pia sich endlich nach draußen traut und bis dahin erfährt man nur von dem Leben unter den Wissenschaftlern und ihrer Unsterblichkeit. Einige interessante Aspekte sind zwar dabei, da diese sich aber pausenlos wiederholen, wir das Ganze schnell ermüdend. Und auch nach Pias Entdeckungstour verheddert sich die Story in einem Netz voller Belanglosigkeiten: Die Protagonistin schleicht in den Dschungel, trifft Eio, schaut sich um, kehrt in das Camp zurück, hadert mit sich selbst, geht wieder in den Dschungel...Für mich baute sich da einfach zu wenig Spannung auf, und auch wenn Jessica Khoury von der Wildnis, den Pflanzen und den Tieren eindeutig etwas versteht, war ich kaum je wirklich gefesselt.

Das mag zum Teil auch an der so gar nicht prickelnden und kaum romantischen Liebesgeschichte liegen. Pia und Eio entwickeln - wie für ein Jugendbuch typisch - sehr schnell Gefühle füreinander, diese kommen aber kaum an. Zudem ist die Beziehung mit Abstand die unerotischste, von der ich je gelesen habe, denn bis zum Schluss kommen die beiden nicht über eine Umarmung hinaus. Enttäuschend! Wenigstens gibt es ab Seite 300 dann aber endlich die fast schon nicht mehr erwarteten Wendung und Pia kommt den versprochenen Geheimnissen und Gräueltaten auf die Spur. Ab da wird es tatsächlich äußerst fesselnd, denn es gibt nicht nur Rettungsaktionen, sondern auch Fluchten und tatsächlich sogar eine Schießerei. Wäre der gesamte Roman so spannend gewesen, hätte er ein Highlight werden können. So verhilft das Ende dem Werk leider nur noch zu einer mittelmäßigen Bewertung.

FAZIT:
"Die Einzige" besitzt eine recht unkonventionelle Idee und spielt an einem exotischen Ort - doch trotzdem konnte mich das Buch über weite Strecken einfach nicht fesseln. Zu viel wird wiederholt, zu wenig geschieht und die Liebesgeschichte ist kaum nachvollziehbar. So reicht es bei mir, und das auch nur aufgrund des spannenden Endes, grade mal so für 3 Punkte. Da wäre mehr drin gewesen!