Rezension

Schrei nach Liebe ?

Geständnisse - Kanae Minato

Geständnisse
von Kanae Minato

In ihrem Heimatland wird die japanische Autorin Kanae Minato als „Queen of Iyamisu“ bezeichnet.  Iyamisu ist ein Subgenre im Thriller-/Krimibereich, bei dem der Schwerpunkt auf die dunkle Seite der menschlichen Natur gelegt wird. 2008 veröffentlicht Minato ihren ersten Roman, der auf Anhieb die Bestsellerlisten stürmt, mit dem Japanese Bookseller Award ausgezeichnet und 2010 verfilmt wird. 2014 erscheint die englische Übersetzung, im Frühjahr 2017 die deutsche Ausgabe unter dem Titel „Geständnisse“.

Eine Vierjährige ertrinkt im Schwimmbad der Schule, nicht versehentlich. Zwei Schüler, gerade einmal dreizehn Jahre alt, sind dafür verantwortlich. Oder etwa doch nicht?  Die Mutter des toten Kindes ist alleinerziehend und genau an dieser Schule als Lehrerin tätig. Sie kündigt kurz darauf ihre Anstellung und verabschiedet sich mit einer Abschiedsrede von ihren Schülern, an deren Ende sie diese mit einer schockierenden Aktion überrascht.

Vor diesem Hintergrund gewährt Kanae Minato ihren Lesern einen düsteren Einblick ins Innere einer Gesellschaft, die Kinder auf Erfolg trimmt und ihnen dabei die Emotionalität aberzieht. Die Autorin nimmt dafür verschiedene Erzählperspektiven zu Hilfe, wobei sie die jeweiligen Personen nicht nur ihre individuelle Sichtweise der Ereignisse schildern lässt, sondern darüber hinaus mit jeder neuen Stimme das Mosaik ergänz und das Geschehene präzisiert.

Da ist zum einen die Mutter, die nur noch an Rache und Vergeltung denken kann. Aber auch die beiden Teenager, kaltblütig, tickende Zeitbomben, isoliert, gemobbt, gebrochen. Geopfert auf dem Altar der japanischen Leistungsgesellschaft. Ausgeliefert und alleingelassen, Aggressionen gegen sich und ihre Umwelt schiebend. Skrupellos und gewalttätig, bis hin zum Massenmord.

Minato bleibt in ihren Beschreibungen völlig sachlich und kühl und schafft damit eine kalkuliert Intensität, wenn sie dem Leser Einblick in die Seelen der Täter und Opfer gewährt. Diese emotionale Wüste, die Eiseskälte der Protagonisten wirkt auch deshalb so verstörend, weil sie mit unserer Moral und unseren Werten  nicht vereinbar ist.

„Geständnisse“ ist ein Thriller, der dem Leser interessante Einblicke in eine uns fremde Kultur gewährt. Lesen!