Rezension

So schön, aber so viel verschenktes Potenzial

Über ein Mädchen - Joanne Horniman

Über ein Mädchen
von Joanne Horniman

„Die Mitte der Welt ist genau hier. Nirgendwo sonst.“ (S.7)

Anna ist neu in der Stadt und kommt eigentlich ganz gut mit allem zurecht. Bis sie auf Flynn trifft. Flynn, die alles durcheinander bringt. Flynn, mit der sie an den Strand fährt, Tee trinkt und Kuchen isst. Und die sie küsst. Schon bald ist Anna unsterblich verliebt und glücklich, aber auch verletzlich wie nie zuvor. Denn Flynn hat Geheimnisse, mit denen Anna nicht umgehen kann.

Gestaltung:

Das Cover ist ein Traum! Ich weiß gar nicht, wie ich es anders beschreiben soll, dieser Teatime-Stil ist einfach traumhaft und gefällt mir unglaublich gut. Und unter dem Schutzumschlag ist das Buch fast noch cooler, denn auf dem Buchrücken drauf sind, passend zu der Teekanne vom Cover, solche Teeflecken und Ringe, wie sie von Teetassen zurückbleiben. Eine richtig wunderbare Idee von den Gestaltern!

Story:

Die Geschichte ist in drei Teile aufgeteilt, in zwei davon geht es um die Beziehung zwischen Anna und Flynn und in einem geht es um Annas Vergangenheit. Und genau dieser Teil hat mir besonders gut gefallen, während ich die anderen eher nicht so gut fand. Annas Vergangenheit aber hat mich echt gepackt, es wird halt von diesem jungen Mädchen erzählt, das erst einmal mit der Trennung ihrer Eltern und dann mit ihrer eigenen Homosexualität zurechtkommen muss. Deshalb fühlt sie sich nicht dazugehörig und ist eigentlich dauernd auf der Suche nach einem Platz in der Gesellschaft, und das ist einfach total charmant, und zum Teil auch erschreckend, erzählt. Wenn das Buch nur daraus bestehen würde, fänd ich es unglaublich gut. Aber da gibt es ja noch die zwei Teile mit Flynn. Gegen Flynn habe ich nichts, und auch nicht gegen Anna, aber beide zusammen finde ich wirklich nicht gut. Das Ganze soll ja eine Liebesgeschichte sein, und ich muss sagen, sie kommt ohne viel Geschnörkel aus, was gut ist, aber es geht alles so unheimlich schnell. Schon nachdem Anna Flynn auch nur gesehen hat, ist sie bis über beide Ohren verliebt, und im Verlauf der Geschichte wird sie auch irgendwie immer abhängiger von Flynn, was für mich einfach so überstürzt und nicht mehr passend für dieses Buch war. Flynn dagegen zeigt sich eher selten, und wenn die beiden mal Zeit miteinander verbringen, dann wirken sie auch nicht vollkommen harmonisch, da ist eher viel Unausgesprochenes zwischen ihnen. Sehr schade eigentlich, denn diese Liebesgeschichte hätte auch so viel schöner ablaufen können. Wenigstens hat mich das Ende dann wieder ein bisschen versöhnlich gestimmt.

Charaktere:

Bei den Charakteren ist es ähnlich wie bei der Geschichte: Alle, die in Annas Vergangenheit eine Rolle spielen, sind irgendwie total gut ausgearbeitet und es ist auch spannend, die zu verfolgen. Auch Anna selbst ist ein total faszinierender Charakter, aber wenn sie anfängt, von Flynn zu schwärmen, wird es teilweise schon echt nervig.

Flynn war für  mich ganz ok, eigentlich ein ziemlich nettes Mädchen, aber die Geheimnisse, die sie vor Anna hat, naja, sagen wir mal, ich finde sie hätte sie direkt beichten müssen, dann wäre alles wohl etwas anders verlaufen.

Schreibstil:

Der Schreibstil hat mir wirklich gut gefallen, er hatte etwas besonderes, er war so poetisch, wie man es nicht in vielen Büchern findet. Die Autorin hat alles nicht einfach nur beschrieben, mir kam es so vor, als hätte sie mit ihren Worten Bilder gemalt, was mir wirklich gut gefallen hat.

Fazit:

„Über ein Mädchen“ hat unglaublich viel Potenzial und ist unglaublich schön geschrieben. Teilweise hat mich das Buch auch richtig beeindruckt, aber leider konnte ich es auch zu großen Teilen einfach nicht nachvollziehen, weshalb die Liebesgeschichte auch nicht wirklich zur Geltung kommen konnte.