Rezension

Super Zeitzeugnis

Noble Gesellschaft - Joan Weng

Noble Gesellschaft
von Joan Weng

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Noble Gesellschaft" ist der zweite Band einer Reihe um den Filmstar Carl von Bäumer, der in den einen oder anderen Kriminalfall hineingerät. Den ersten Teil muss man für die Lektüre dieses Buches definitiv nicht gelesen haben, es wird alles sehr deutlich, dennoch werde ich ihn nun noch lesen, weil ich Carl liebgewonnen habe.
Ich sage es direkt: Ich bin kein großer Krimi-Leser und für mich handelt es sich bei diesem Buch auch weniger um einen Krimi, sondern eher um einen spannenden Gesellschaftsroman. Der Kriminalfall selbst war zwar wirklich spannend und nicht vorhersehbar, aber für mich waren die größte Stärke des Buches die tollen atmosphärischen Beschreibungen und die teilweise unwirklich erscheinenden Figuren aus den 20er Jahren, die aber genau den Zeitgeist aufzeigen konnten.
Deutschland war zu jener Zeit erschüttert durch den 1. Weltkrieg und die Menschen schwankten häufig zwischen einer wilden Euphorie und Depression. Drogen, Alkohol und andere Vergnügungen waren salonfähig und die Gesellschaft war in vielem deutlich ungezwungener und freier als später in den 30er Jahren.
Ich finde, Joan Weng hat hier ausgezeichnete Recherche-Arbeit betrieben und ich fühlte mich wie in einer deutschen Version vom "großen Gatsby" (natürlich nicht von der Handlung her, aber von der Atmosphäre.
Bezüglich des Schreibstils möchte ich den großartigen Humor der Figuren, der häufig mit Ironie durchsetzt ist, hervorheben, der mich begeistert hat.
Wie gesagt, es ist definitiv ein klassischer Krimi, aber wer sich für die Zeitgeschichte interessiert und Spaß an guten Dialogen hat, wird von diesem Buch keineswegs enttäuscht sein! Ich hoffe auf einen dritten Band (und freue mich jetzt erstmal auf den ersten ;))