Toller historischer Roman, der ergreift
Bewertet mit 5 Sternen
Die Engel von Berlin entführen einen in Gedanken in die Kriegszeit. Wenngleich die Rahmenerzählung im hier und jetzt spielt, erzählt der Hauptteil von der Zeit um und im Krieg. Berlin in der Zwischenkriegszeit - das ist der Schauplatz des Beginns der Haupterzählung des Romanes. Eine junge, verheiratete Frau wünscht sich nichts sehnlicher als Kinder mit ihrem Mann, und der Kinderwunsch bleibt lange überfüllt. Um sich abzulenken, übernimmt sie die Aufgabe, ein Feriencamp der Pfadfinder erneut zu leiten, gemeinsam mit einer ihr noch Fremden. Eine Engländerin, die ungebunden ist und in England bereits mehrere solche Camps geleitet hat - schick, abenteuerlustig, immer wieder fotografierend. Die beiden sind wie Tag und Nacht, dennoch kümmern sie sich rührend um die Mädchen, unter ihnen auch eine Jüdin - was für die damaligen Pfadfinder kein Problem darstellt, sind doch alle gleich.. nicht so die junge Köchin, die mit dem nationalsozialistischen Gedankengut sympathisiert. Ihre Wege trennen sich nach dem Camp wieder, das jüdische Mädchen begleitet sie aber, da diese keine Mutter hat ... Auch andere jüdische Kinder rundherum haben es immer schwerer, die Schulen werden für sie geschlossen, Anfeindungen gehören zum Alltag. Bis viele geholt werden. Das Buch berichtet anhand des Schicksals der beiden Frauen, wie sich manche Menschen in der NS-Zeit im Verborgenen einsetzten, wie Risse der Ideologie durch Familien und Häuser ging, wie schwer es war, jemandem zu vertrauen. Und davon, wie die Kriegszeit die Nachkriegsgeneration prägte.
Eine berührendes und packendes Buch, das viele Facetten des zweiten Weltkrieges aufgreift, nichts beschönigt und tiefe Einblicke in die Psyche der Kriegs- und Nachkriegsgeneration gewährt. Ich habe das Buch fast in einem Mal verschlungen, weil es so spannend und packend geschrieben ist und man so mit den Protagonistinnen vor allem mitfiebert. Ich kann diesen Roman jedem empfehlen, der gerne historische Romane liest.