Rezension

Wer "datet" hier eigentlich "down"?

Ich will es doch auch! - Ellen Berg

Ich will es doch auch!
von Ellen Berg

Bewertet mit 4 Sternen

Mit 39 Jahren ist Charlotte erfolgreiche Herzspezialistin und hat ihr Leben voll im Griff... naja, zumindest hat sie bis ins Detail geregelte Tagesabläufe. In sozialer Hinsicht sieht es bei Charlotte allerdings noch etwas kritischer aus. Nachdem sie ihr Freund Tom sie verlassen hat, um ihre beste bzw. einzige Freundin Antonia zu heiraten, die obendrein schon von ihm schwanger ist, wird Charlotte von Antonia als eifersüchtig abgestempelt und aus ist's mit der jahrelangen Freundschaft. Mit der Hochzeit noch frisch im Gedächtnis und Charlottes vierzigsten Geburtstag vor der Tür liegen ihr dann auch noch ihre Eltern in den Ohren damit, dass sie sich beeilen müsse, wenn sie noch standesgemäß heiraten wolle. Während Mama und Papa also über ihren Kopf hinweg nach akzeptablen Kandidaten im Golf-Club Ausschau halten, spricht diese Gräfin aber immerzu von den Vorzügen des Down-Datings und Charlotte weiß gar nicht mehr, was sie eigentlich möchte. Als dann auch noch ihr Büro im Krankenhaus unter Wasser steht, dieser ungehobelte Klempner (der auch noch Uwe heißt) auftaucht und das Krankenhaus zu allem Überfluss eine wichtige Herzoperation für ein kleines Mädchen aus armen Verhältnissen nicht aus Fördermitteln bezahlen will, beginnt für Charlotte privat wie beruflich eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die sie so vorher noch nicht kannte, wodurch ihr so geordnetes Leben gehörig auf den Kopf gestellt wird!

 

Im Großen und Ganzen hat mir dieses Buch sehr gut gefallen. Den Schreibstil der Autorin habe ich als sehr angenehm empfunden, das Erzähltempo war genau richtig, so dass nie Langeweile aufkommen konnte und die Dialoge waren teilweise richtig witzig. Insgesamt handelt es sich hierbei um einen äußerst humorvollen Liebesroman mit zwei vielleicht etwas speziellen, aber nichtsdestotrotz sympathischen Hauptfiguren.

Auf der einen Seite ist da Charlotte, die sich von den Menschen, die ihr nahe stehen, so ziemlich in jede beliebige Richtung ziehen lässt, solange sie dabei nur ihren täglichen Ritualen nachgehen kann, denn diese scheinen das einzige zu sein, was ihr ein gewisses Gefühl der Sicherheit vermittelt. Brav geht sie regelmäßig zur Psychotherapeutin, die dann alles haarklein Charlottes Eltern berichtet oder lässt sich von ihren so genannten Freunden beschimpfen und demütigen – wer solche Freunde bzw. Familie hat, braucht wirklich keine Feinde!

Im Gegensatz dazu steht der Klempner Uwe mit beiden Beinen voll im Leben. Er weiß was er kann, was er hat und was er will. Kurzum: Er setzt insgesamt ganz andere Prioritäten als Charlotte und hat statt Anzügen nur lustig bedruckte Shirts in seinem Kleiderschrank, ist dabei aber selbstsicher und einfach zufrieden mit sich und seinem Leben.

Die beiden ergeben somit eine recht exotische Mischung, aber Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an und das scheint bei Charlotte und Uwe eindeutig so der Fall zu sein!

Nimmt man nun noch den Handlungsstrang um die unbezahlbare Herz-Operation dazu, so ergibt dieser Roman insgesamt eine in sich stimmige, perfekte Mischung für gute Unterhaltung, denn neben den beiden Hauptprotagonisten hat auch eine bunte Mischung an Nebencharakteren ihren Auftritt - wobei man kaum umhin kann, sich nach einem Vergleich der sozialen Umfelder von Charlotte und Uwe zu fragen, ob es wirklich Charlotte ist, die hier down-datet...

 

Abzüge gibt es für mich nur zum Einen wegen der teilweise doch sehr starken Vorhersehbarkeit der Ereignisse und zum Anderen, weil mir die Charakterentwicklung von Charlotte zu weit hergeholt vorkam: Wie es eine Frau mit einem so geringen Selbstbewusstsein und so wenig Menschenkenntnis, die sich obendrein im stattlichen Alter von 39 noch derart von ihren Eltern kontrollieren und bestimmen lässt, zu einer erfolgreichen Ärztin bringen konnte, ist mir ein Rätsel, zumal es sich dabei ja um einen Beruf handelt, bei dem der soziale Aspekt wohl auf keiner Sprosse der Karriereleiter gänzlich ausgeklammert werden kann. Davon abgesehen gibt es allerdings nichts Negatives über diesen Roman zu sagen.

 

„Ich will es doch auch!“ ist einfach eine schöne Geschichte mit viel Humor und Romantik. Ein tolles Buch für zwischendurch – keine schwere Kost, aber wirklich sehr unterhaltsam und in jedem Fall lesenswert!