Rezension

Erwartungen verfehlt

Psyche und Eros -

Psyche und Eros
von Luna McNamara

Bewertet mit 1.5 Sternen

Ich hatte mich wirklich sehr auf die Geschichte rund um Psyche und Eros gefreut. Geschichten rund um die griechische und römische Mythologie habe ich schon als Kind geliebt, die Begeisterung riss nur eine zeitlang ab, als ich in der Schule die Originalwerke übersetzen musste. Ja, statt einer neuen fremden Sprache saß ich in Latein- und Altgriechischunterricht. Geschadet hat es nicht, aber französisch oder spanisch kann ich leider noch immer nicht. 
Vor allem seit dem großen erfolg von "Circe" von Madeline Miller liebe ich neuinterpretierte Geschichten entstammend aus den beiden Mythologien. Und gerade die eher feministische Betrachtung und Herangehensweise, wie zum Beispiel auch bei "Medusa" von Natalie Haynes, gefällt mir wahnsinnig gut. 
Ich lechze quasi nach weiteren Interpretationen dieser Art und freute mich deswegen ungemein auf dieses Buch. Leider aber mit einer vollkommen falschen Erwartungshaltung. 

Ich bin zum einen mit den Charakteren nicht warm geworden. Psyche fand ich bis zuletzt sehr unsympathisch und anstrengend. Ich kann den Finger nicht ganz drauf legen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich als Leserin durch bestimmte Aussagen dazu gezwungen werden sollte, sie toll zu finden. Was aber durch die nächste Handlung von Psyche wieder zunichte gemacht wurde. Ernsthaft, in einer Szene beruft sie sich auf die Xenia, die Gastfreundschaft, wodurch ihr diese nicht verwehrt werden darf, macht sich Gedanken,  dass die Bewohner des Dorfes "ein Leben voll zermürbender Widrigkeiten" führen müssen und ei paar Seiten später klagt sie über die einfache Kleidung, die ihr von diesen gegeben wurde?! Ja, ich bin an dieser Stelle vielleicht sehr picky. Aber ich bin auch einfach echt enttäuscht von dem Buch. 

Eigentlich hätte ich voller Herzschmerz an den Zeilen hängen müssen, zerrissen vom Leid der beiden. Stattdessen wollte ich die Szenen mit Psyche immer so schnell wie möglich hinter mich bringen. Denn die Kapitel aus Eros Sicht fand ich eigentlich ganz gut. Zumindest deutlich besser als die Kapitel aus Psyches Sicht. 
Auch die Anziehung, Liebe will ich bei den beiden gar nicht erst als Bezeichnung für ihre Beziehung benutzen, habe ich kaum gespürt. Da war keine Freude, kein Funke, keine tiefe Trauer beim Verlust. Hätte ich nicht parallel ein wirklich ergreifendes anderes Buch gelesen, hätte ich fast gedacht, dass ich vielleicht vollkommen abgestumpft wäre.

Mir gefiel auch die Darstellung von Aphrodite nicht. Ich finde es wirklich toll und noch immer schön erfrischend, wenn die Gottheiten der römischen und griechischen Mythologie nicht als die wundervollen, gütig Wesen dargestellt werden, die sie wirklich nie waren, sondern in all ihren Facetten. Eben auch mit den sehr grausamen, brutalen und kaltblütigen. Aber Aphrodite wirkte einfach wie die klischeehafte blonde Zicke aus YA Büchern, die eigentlich 2010 (zum Glück!) schon nicht mehr aktuell und zeitgemäß waren. Hier wurde es nur etwas besser verpackt, aber Aphrodite hätte auch Kaugummi kauend einen abschätzigen Blick auf die Neue in der Klasse werfen können. Der Vibe wäre derselbe gewesen wie die Darstellung in diesem Buch. 

Leider ist das Kapitel mit Anmerkungen der Autorin an das Ende der Geschichte gesetzt worden. Diese Entscheidung kann ich absolut nicht nachvollziehen. Durch den Klappentext und den abgedruckten zusätzlichen Text im Schutzumschlag habe ich einfach andere Erwartungen an das Buch gehabt. Wären die Anmerkungen der Autorin zu Beginn des Buches abgedruckt worden, hätte ich die Geschichte einfach gleich anders einordnen können. Und es tut mir leid, aber das Argument "das Privileg als Romanautorin zu besitzen, Dinge ändern zu können" ist zwar durchaus valide, wurde im Fall dieses Buches aber über das Maximum hinaus ausgereizt. Den beworbenen Feminismus sehe ich auch nicht. Vielleicht aber auch deswegen nicht, weil er schlicht nicht vorhanden ist. Ein Buch wird nicht automatisch dadurch feministisch, dass die Protagonistin ein paar Skills bekommt (immerhin trainiert sie in diesem Buch wirklich und bekommt ihre Fähigkeiten nicht plötzlich über Nacht) oder alle Männer blöd sind (auch wenn es teils wirklich stimmt - im Fall der porträtierten Personen zumindest...). 
Und das schlimmste zum Schluss: Ich habe mich wahnsinnig gestört an dem who is who der griechischen Mythologie. Bitte, welche Gottheit oder Held:in hüpft hier nicht über die Seiten? Vor allem auf Goodreads gibt es wahnsinnig gute Rezensionen, die dies noch viel besser darstellen, aber der größte Dorn im Auge war mir die zeitliche Einordnung der Geschichten und Vermischung von Ereignissen. Das war einmal alles in den Mixer und auf gut Glück rausgefischt. 

Ja, das Buch liest sich schnell, leicht und locker. Und ich hatte durchaus eine wirklich vergnügliche Lesezeit. Es überwiegen jedoch einfach Kritikpunkte, die ich schwerer gewichte als die reine Unterhaltung. Diese wurde nämlich mitunter wirklich getrübt durch die Charaktere und ich störte mich zusätzlich an der Darstellung und zeitlichen Einordnung. Für mich ein Buch, das definitiv verhindern wird, noch mehr von der Autorin zu lesen. Schade.