Rezension

Groll, Küchenhexe und Apfeleierkuchen

Der Morgen nach dem Regen -

Der Morgen nach dem Regen
von Melanie Levensohn

Das Cover des neuen Romanes von Melanie Levensohn "Der Morgen nach dem Regen" ist besonders und verrät nicht allzuviel über den Inhalt. Es könnte sein, daß Elsa auf den Apfelbaum in Antonias Garten schaut.

Der lockere, fast plaudernde Erzählstil der Ich-Erzählerin Johanna weckte zu Beginn sehr schnell Nähe und Sympathie zur Figur. Johanna hat Jahrzehnte für die UN in Krisengebieten gearbeitet, setzte sich für diejenigen ein, die sonst keine Stimme haben und vergessen werden. Und verließ dafür wieder und wieder ihre Familie zuhause.
Ihr gegenüber steht Tochter Elsa, Rechtsanwältin in Dauerüberlastung, frisch (und unglücklich) getrennt, akutes Burnout und damit zwangsbeurlaubt.

Beide treffen im Haus von Tante Toni (verstorben) wieder aufeinander, nachdem sie seit Jahren eine extrem schwierige Beziehung zueinander haben, die hauptsächlich in der Abwesenheit durch den Beruf begründet zu sein scheint. Die Welt zu retten hatte offenbar mehr Gewicht für Johanna als ihre Tochter Elsa.

Nach angestrengt fröhlichen Sätzen der Mutter folgt passiv-aggressives Ignorieren der Tochter. Schmerz, Einsamkeit und ständige Ohnmacht sind deutlich spürbar. Sehnen sich beide nach Verständnis und Geborgenheit, so schaffen sie jedoch keine Basis, die eine ehrliche, vertrauensvolle Kommunikation erlaubt. Konflikte, alte Verletzungen und Vorwürfe sind an der Tagesordnung.

Und kommt es dann doch zur vorsichtigen Annäherung, eröffnet die Mutter ihrer Tochter, WARUM sie abwesend und später depressiv war.
Eine erneute Verletzung, die man der geschundenen Elsa gern erspart hätte. Statt sie um Verzeihung zu bitten, sie als Kind so häufig verlassen und nicht gesehen (ihre Bedürfnisse) zu haben, erwartet Johanna nun tatsächlich Verständnis für eine vergangene Affäre???

Absolut unverständlich, warum die kranke Elsa zur Erholung in ein extrem spannungsgeladenes Umfeld reist.
Die Mutter, Johanna, alle Vorwürfe erträgt, schweigt und stattdessen ihrer Tochter Mahlzeiten vor die geschlossene Tür stellt und die mit Renovierungsfragen beschäftigt.

So intelligente, soziale Frauen und dann fehlt die Empathie füreinander??
Keine der Figuren konnte mich schlußendlich überzeugen.

Ganz schlimm empfand ich, daß zum Ende noch eine Liebesbeziehung entsteht, die völlig fehl am Platze wirkt.
Das hatte etwas von " Abhaken einer Liste".

Der Schreibstil war flüssig, leicht lesbar.

Die Handlungen der Figuren waren häufig für mich nicht nachvollziehbar, die Charaktere zu unausgegoren. Erst starr und eingefahren, ist dann alles vergessen, Harmonie pur und im wahrsten Sinne des Wortes "Friede, Freude, (Apfel-Zimt-) Eierkuchen".

Für einen Urlaubsroman zu dramatisch und anstrengend, für einen Roman des Genres Literatur zu flach und unausgereift.
Schade, der Beginn ließ mich etwas anderes erwarten.