Rezension

Eine Geschichte über die Bedeutung von Familie und eines Zuhauses sowie über die Überwindung einer verlustreichen Vergangenheit

Das Holländerhaus
von Ann Patchett

Bewertet mit 5 Sternen

Die Geschwister Maeve und Danny Conroy wachsen im Holländerhaus in einem Randbezirk von Philadelphia auf. Die luxuriöse Villa der VanHoebeeks hatte ihr Vater Cyril gekauft, nachdem er nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch Immobilienspekulationen zu Geld gekommen ist. Seine Ehefrau Elna empfand den Besitz als Belastung und verließ die Familie, als Danny noch ein kleiner Junge war. Maeve kümmerte sich ab diesem Zeitpunkt liebevoll um ihren sieben Jahre jüngeren Bruder, was die Geschwister eng zusammenschweißt.

Als ihr Vater wieder heiratet, zieht Andrea mit ihren beiden Töchtern in das Holländerhaus ein und verdrängt zunächst Maeve aus ihrem Zimmer. Nach dem überraschenden Tod von Cyril 1963 wirft Andrea auch Danny aus dem Haus und streicht das gesamte Erbe für sich ein. Maeve und Danny bleibt nur ein Treuhandfonds, den ihr Vater für ihre Ausbildung angelegt hatte. Maeve kann von den Fördergeldern nicht mehr profitieren, aber sie zwingt zumindest Danny dazu, Medizin zu studieren und den Fonds zu schröpfen. 
Die beiden Geschwister bleiben ein eingeschworenes Team, können die Vergangenheit jedoch nicht hinter sich lassen und kehren regelmäßig nach Philadelphia zurück, wo sie von Maeves Auto aus das Holländerhaus beobachten. 

"Das Holländerhaus" ist eine bittersüße Familiengeschichte, die über fünf Jahrzehnte erzählt wird und aus der Perspektive des erwachsenen Danny geschrieben ist. In Rückblenden erfährt man dabei immer wieder neue Facetten aus der Vergangenheit der Familie, der Kindheit von Maeve und Danny. dem mysteriösen Verschwinden ihrer Mutter und dem Verlust des Vaters sowie des Holländerhauses. 
Ein roter Faden bleibt dabei das enge Band der Geschwister. Während Maeve alleinstehend ist, heiratet Danny noch als Student die gleichaltrige Celeste, mit der er zwei Kinder bekommt. Celeste träumte von einem Leben als Arztgattin, doch Danny enttäuscht sie, denn er tritt in die Fußstapfen seines Vaters und steigt in die Immobilienbranche ein. Die Beziehung der beiden leidet darunter und wird nie so eng wie die Beziehung der beiden Geschwister untereinander. 

"Das Holländerhaus" ist eine ruhig erzählte Geschichte, die ohne Effekthascherei auskommt. Sie handelt von schmerzhaften Verlusten, von Rachegefühlen, Sehnsüchten, einer unerschütterlichen Geschwisterliebe und dem, was Familie und ein Zuhause bedeutet. Weniger entscheidend sind die Ereignisse, mit denen die Charaktere konfrontiert werden, sondern wie diese ihr Verhalten, ihre weitere Entwicklung und die Beziehungen untereinander prägen. 
Es ist eine vielschichtige Charakterstudie von emotionaler Tiefe, die von der Aufarbeitung und Überwindung einer verlustreichen Vergangenheit handelt.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 30. Juni 2020 um 10:16

Weniger entscheidend sind die Ereignisse, mit denen die Charaktere konfrontiert werden, sondern wie diese ihr Verhalten, ihre weitere Entwicklung und die Beziehungen untereinander prägen. 

Stimmt. Das holt den Roman aus der süßlichen Ecke.