Rezension

Am Weg in die Hölle

Wer die Hölle kennt -

Wer die Hölle kennt
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 4 Sternen

Schon Jahrhunderte lang ziehen die Mächtigen die Fäden. Egal ob Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft - insbesondere in den USA fängt die Macht bereits in den Studentenverbindungen der Universitäten an. Allerdings hätte wohl niemand gedacht, dass echte Magie dahinter steckt.

„Wer die Hölle kennt“ ist der zweite Band um die Geisterbeschwörerin Alex Stern, welche aus der Tristesse ihrer bedenklichen Existenz in die zukunftsorientierte Pracht des Elite-Campus Yale befördert wird.

Wer sich erinnert, in Yale gelten acht Studentenverbindungen als Ursprung des amerikanischen Geschehens. Das neunte Haus fungiert als magischer Wächter, weil tatsächlich in vielen weltlichen Belangen eine Portion Magie im Spiel ist.

Nachdem Alex Stern aus der Not der Universitätsverwaltung heraus zur Geisterbeschwörerin des Campus wird und sich damit in eine ungewohnte Rolle manövriert, liegt es nun an ihr, den Schaden aus dem letzten Band zu beheben.

Auf diese Fortsetzung habe ich lange gewartet. Mittlerweile liegen 3 Jahre zwischen meinem ersten Abenteuer in Yale und diesem hier. Anfangs hatte ich Zweifel, ob ich mich überhaupt noch in der Geschichte orientieren kann. Zu komplex war meiner Meinung nach das Geschehen, zu viele Figuren waren beteiligt und zu, durchaus positiv, verworren kamen mir die Zusammenhänge vor. Die Neugier hat gesiegt und ein weiteres Mal bin ich im wahrsten Sinne des Wortes davon begeistert, was am Campus der Elite-Uni so alles passiert.

Wer sich nicht mehr erinnern kann: Protagonistin Alex passt nicht dorthin. Das hat gar nichts mit der Magie zutun, sondern liegt einzig daran, dass sie eher zu der Sorte Mensch gehört, die Drogen an der nächsten Straßenecke vertickt als sich in einem Hörsaal auf eine akademische Ausbildung zu konzentrieren. 

Dennoch landet dieses rohe Geschöpf im elitären Yale, weil dort ein Fachkräftemangel an Geisterbeschwörern herrscht.

Nach einem umwerfenden Reihenauftakt, bei dem so einiges schief gegangen ist, geht es nun auf Umwegen in die Hölle. Denn Alex möchte Daniel Arlington befreien, den sie letztens unabsichtlich in die dämonische Unterwelt verfrachtet hat. 

Dies ist alles andere als einfach, weil ihr kaum Helfer noch Unterstützung durch die Universitätsleitung zur Seite stehen. Dennoch zieht sie als magische Naturgewalt ihr Ding durch, obwohl sie manches Mal gewaltig daneben liegt.

Auch bei diesem Band handelt es sich nicht um putzige Fantasy, die sich kuschelig in der Sofa-Ecke lesen lässt. Das Gebaren ist manches Mal knallhart, teilweise sexuell verstörend - das Bild von Daniel Arlington bekomme ich nicht mehr aus meinem Kopf - und ziemlich brutal. Dies alles sind Punkte, womit sich Leigh Bardugo in mein schwarzes Horror-Herz schreibt, obwohl ich normalerweise fantastische Elemente weniger mag.

Zudem gefällt es mir, dass die Handlung nicht geradlinig von A nach B verläuft, sondern Alex manchen Orientierungslauf zu absolvieren hat, um im Endeffekt am Ziel vorbeizurennen. Dies gibt dem Roman eine interessante Note, die zwar auf die Länge der Geschichte schlägt, dafür mehr Gefühl für die Protagonistin und die Atmosphäre vor Ort verleiht.

Zu Alex ist erwähnenswert, dass sie ein richtiges „Bad Girl“ ist, das versucht auf einen guten Weg zu kommen, dabei harte und mutige Abkürzungen kennt, und diese im Bedarfsfall sehr wohl nimmt. 

In der Regel gehe ich in meinen Rezensionen nicht auf Cover ein, weil es jeder sieht, auch wenn das Buch noch nicht gelesen ist. Diesmal mache ich eine Ausnahme, weil mir dieses höllische Karnickel außerordentlich gut gefällt. Es zeigt sofort, dass die Story zwar verspielt, aber dennoch verstörend ist.

Auch dieses Mal setzt die Autorin auf den Einschub von Episoden beim Erzählen. Laufend streut sie Passagen ein, welche auf Vergangenes blicken, quält Alex mit Erinnerungen oder verleiht ihr manches Mal einen Geistesblitz. Obwohl dieser Stil ein ordentliches Maß an Konzentration verlangt, wirkt es bereichernd, weil auf diese Weise die Erzählung einen natürlichen Eindruck macht. 

Mir hat mein zweiter Ausflug ins neunte Haus ausgezeichnet gefallen. Es war spannend, den Weg in die Hölle zu finden, es war ziemlich brenzlig, da runter zu gehen und verstörend, in die tiefsten Abgründe der beteiligten Figuren zu sehen.

Jedenfalls bin ich gerne ein weiteres Mal dabei, wenn es heißt, der Elite der USA an der Seite von Alexis Stern den magischen Hintern zu retten. Denn ich bin mir relativ sicher, dass es ein weiteres Abenteuer geben wird. 

Die Reihe:
1) Das neunte Haus
2) Wer die Hölle kennt