Rezension

Anders als erwartet

Die Landkarte der Zeit
von Félix J. Palma

Bewertet mit 4 Sternen

Da ich nicht der größte Fan von Zeitreisen bin, stand "Die Landkarte der Zeit" zusammen mit den Folgebänden lange ungelesen in meinem Regal. Ich hab dann auch eher mit mäßiger Motivation angefangen zu lesen, was sich aber tatsächlich schnell geändert hat.

Aber erstmal zum Inhalt:
Das Buch ist in drei Teile unterteilt und spielt Ende des 19. Jahrhunderts in London. Abgesehen davon, dass Charaktere, die in einem Teil eine der Hauptrollen spielen, in den anderen Teilen mitunter auch kurze Auftritte haben, verbindet die drei Teile vor allem der Schriftsteller H.G. Wells. Im ersten Teil suchen zwei junge Adlige ihn auf, um mit seiner Hilfe die (bereits geschehene) Ermordung der Prostituierten Marie durch Jack the Ripper zu verhinden (Grund ist natürlich die Liebe eines der beiden zu Marie). Im zweiten Teil reist eine junge Dame mit dem Unternehmen "Zeitreisen Murray" ins Jahr 2000 und verliebt sich dort. H.G. Wells wird hier vom Geliebten aufgesucht, um Briefe zu verfassen. Und im dritten Teil will Wells einem Inspektor helfen, mehrere Morde aufzuklären, die offenbar mit Waffen aus der Zukunft ausgeübt wurden.

Das Buch las sich flüssig und ich mochte den etwas ironischen Unterton, der hier und da mitschwang. Der erste Teil hat mich schon ziemlich überrascht mit seiner Auflösung, aber im positiven Sinne. Den Überraschungsmoment im zweiten Teil hätte man da durchaus schon erwarten können, komplett vorhersehbar war er aber meiner Meinung nach nicht. Hier fand ich es am Ende etwas unwahrscheinlich, dass Claire und "Hauptmann Shackleton" dann offenbar glücklich in Claires Zeit leben, ohne dass Shackletons Geheimnis auffliegt. Es wäre interessant, wie Claire reagiert, wenn später die Wahrheit über "Zeitreisen Murray" herauskommt - "Die Landkarte des Himmels" und "Die Landkarte des Chaos" habe ich noch nicht gelesen, vielleicht wird das dort ja noch thematisiert. ;)
Den dritten Teil fand ich dann nicht mehr so überraschend, aber alles in allem auch gelungen, gerade weil hier dann das, was in den ersten beiden Teilen jeweils als Fake entlarvt wurde, dann doch noch eintritt. Den Brief, den H.G. Wells hier bekommt, und die Entscheidungen, die er daraufhin trifft fand ich besonders interessant.

Zusammenfassend habe ich von dem Buch deutlich weniger erwartet und gebe ihm vier Sterne. "Die Landkarte des Himmels" kommt dann als nächstes dran und ich bin gespannt, ob es für mich mit dem ersten Buch mithalten kann.