Rezension

Berlin 1968, tolles Debüt!

Die Tote im Wannsee - Lutz W. Kellerhoff

Die Tote im Wannsee
von Lutz W. Kellerhoff

Bewertet mit 4 Sternen

Während die Studentenbewegung 1968 in Berlin im vollen Gange ist, wird am Wannsee die Leiche einer Frau gefunden. Der Kommissar Wolf Heller nimmt die Ermittlungen auf und bemerkt schnell, dass sich hinter der Ermordung von Heidi Gent viel mehr verbirgt als vorher angenommen. Und plötzlich steht Heller mitten im politischen Gestrick der damaligen Zeit. 

„Die Tote im Wannsee“ ist das Debüt eines Autorentrios, das unter dem Pseudonym Lutz Wilhelm Kellerhof publiziert. 
Heller als Kommissar war ein sehr angenehmer Protagonist, dem ich gerne durchs damalige Berlin gefolgt bin. 
Auch die vielen Nebencharaktere gefielen mir sehr gut. Immer wieder tauchen Charaktere auf, die in der Nachkriegszeit eine größere Rolle spielten und gut in die Handlung eingeflochten waren. Diese Vermischung aus Fiktion und realen Ereignissen gefiel mir sehr gut.
Leider verlor ich vor allem im ersten Drittel des Buches immer wieder den Überblick über die Personen, da das Buch mit sich abwechselnden Erzählperspektiven der unterschiedlichen Charaktere geschrieben ist. Zum Ende hin konnte ich das Geflecht deutlich besser überblicken, doch dauerte es bis dahin etwas. Vielleicht wäre es hier schon etwas hilfreicher gewesen, wenn nicht so viele Charaktere mit dem Buchstaben H vorgekommen wären.
Am besten gefallen hat mir das von den Autoren gezeichnete Bild von Berlin und die detailreichen Schilderungen der damaligen Zeit. Immer wieder machte ich mir während des Lesens Notizen, um bestimmte Dinge zu einem späteren Zeitpunkt nachschlagen zu können. So lernte ich noch einmal mehr über meine Heimatstadt (Zum Beispiel war mir der Fußballclub Tasmania Berlin bis dato überhaupt kein Begriff). 
Es ist immer wieder eine Freude, über Orte in Büchern zu lesen, die man selber doch so gut kennt. Dementsprechend hat mir vor allem der Anfang des Buches wahnsinnig gut gefallen. Die Autoren haben es geschafft, ein Berlin vor meinen Augen entstehen zu lassen, das mir vollkommen fremd und doch vertraut war. Denn die Handlung spielt ganze 25 Jahre vor meiner Geburt und Rudi Dutschke, Benno Ohnesorg, Horst Mahler und der SDS sind alles nur Namen, die mir im Geschichtsunterricht eventuell mal untergekommen sind. Für mich war dieser Kriminalroman also nicht nur eine Ablenkung vom Alltag, sondern durchaus ein informativer Quell einer Zeit, mit der ich mich bisher nicht genug auseinandergesetzt habe.  
Der Schreibstil gefiel mir sehr gut, der Ton der Geschichte wurde immer wieder an die einzelnen Szenen angepasst.
Das Ende blieb offen genug um Handlunsgraum für weitere Bücher rund um Heller zu schaffen. Ich werde das Autorentrio auf jeden Fall im Auge behalten und gerne erneut in die Welt des damaligen Berlins mit eintauchen. 
Mich konnte das Buch unheimlich gut unterhalten, es hatte keine unnötigen Längen und war bis zum Ende hin sehr spannend. Außerdem lernte ich eine Menge dazu.