Rezension

ein vielschichtiger Krimi

Die Tote im Wannsee - Lutz W. Kellerhoff

Die Tote im Wannsee
von Lutz W. Kellerhoff

Bewertet mit 5 Sternen

Das Autoren-Trio Martin LUTZ, Uwe WILHELM und Felix KELLERHOFF entführt die Leser in das Berlin von 1968. Die geteilte Stadt ist Tummelplatz allerlei Geheimdienste und diverser Studentengruppen, die lautstark protestieren. Vor diesem historischen Hintergrund, der gerade einmal fünfzig Jahre her ist, lassen die Autoren ihren jungen Kommissar Wolf Heller ermitteln.

 

Man findet eine Frauenleiche am Ufer des Wannsees. Die Polizei vermutet, es mit einer der zahlreichen Prostituierten zu tun zu haben. Doch weit gefehlt! Die Tote arbeitet als Anwaltsgehilfin, war verheiratet und Mutter zweier Kinder. Der naheliegende Verdacht, der Ehemann könnte der Täter sein, überzeugt Wolf Heller nicht. Je mehr Details er aus dem Umfeld der Ermordeten erfährt, desto unwahrscheinlicher scheint die Theorie des Gattenmordes. Doch dann erhängt sich der Mann in der U-Haft. Ein Schuldeingeständnis?

 

Letztlich nimmt der Kriminalfall Dimensionen an, die Heller beinahe das Leben kosten…

 

Meine Meinung:

 

Dieser zeitgeschichtliche Krimi hat mich dermaßen gefesselt, dass ich ihn in einem Stück gelesen habe. Fasziniert hat mich vor allem, wie authentisch das Leben Berlins von 1968 dargestellt wird. Die Studentenunruhen, die sich gewalttätig über ganz Europa ausbreiten, der dichte Filz der Nazi-Vergangenheit vieler Staatsbürger. Denn, nur weil jetzt „Bundesrepublik Deutschland“ bzw. „Deutsche Demokratische Republik“ draufsteht, sind die rechten Ideen noch lange nicht passé und verschwunden. Die alten Seilschaften, egal ob im Westen oder Osten funktionieren und machen auch vor der Polizei nicht Halt. Auch die Geheimdienste spielen hier ihr unrühmliches Spiel und gehen buchstäblich über Leichen. Nicht immer ist klar, wer auf der richtigen Seite des Gesetzes steht. Es wird erpresst, was das zeugt hält. Entweder mit der Nazi-Vergangenheit oder mit der Homosexualität, die nach §175 StGB, strafbar ist.

 

Wir begegnen Menschen, deren Karriere in diesen Tagen ihren Anfang nimmt: So treffen wir Uschi Obermeier und lauschen einem jungen Sänger namens Reinhard Mey. Witzig finde ich den Hinweis auf das Magazin „Emma“, das Louise Mackenzie, die amerikanische Studentin, gründen will. Die Zeitschrift wird erst 1977 von Alice Schwarzer herausgegeben.

 

Der Krimi ist atmosphärisch dicht. Die Geschichte enthält mehrere Erzählstränge, die parallel verlaufen und sich immer wieder schicksalhaft kreuzen. Gut kommen auch die Lebensumstände im Berlin der 1968 heraus. Die Wohnungsnot scheint noch nicht behoben, sodass Wolf Heller als Untermieter bei einer Witwe mit zwei Kindern wohnt. Das wird dann gleich einmal von seinen Gegnern als Druckmittel verwendet. Man droht der Frau mit dem „Kuppelei-Paragrafen“.

 

Fazit:

Ein fesselnder Krimi, der die Leser in das Berlin von 1968 entführt. Gerne vergebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Ich hoffe, dass es eine Fortsetzung gibt.