Rezension

Der Report der Magd aus Pakistan

Die Geschichte der schweigenden Frauen - Bina Shah

Die Geschichte der schweigenden Frauen
von Bina Shah

Bewertet mit 2 Sternen

Green City veränderte sich nach dem nuklearen Winter schnell in einen Polizeistaat, in dem v.a. die wenigen Frauen mit mehreren Gatten verheiratet werden, um die ausgemerzte Bevölkerung wieder in die Millionen zu bringen. Sabine ist es jedoch gelungen, vor ihrer Verheiratung in eine Untergrundgruppe zu flüchten. Diese finanziert sich durch mächtige Männer, die sich die Frauen außerhalb des Systems für eine Nacht in ihr Zuhause holen, um Seite an Seite nebeneinander einzuschlafen.

In dem Buch handelt es sich um eine dystopische Realität, in der Frauen wie eine kostbare Ware gehandelt und vorrangig für die Fortpflanzung ausgenutzt und kontrolliert werden. Bina Shah erzählt dies aus unterschiedlichen Perspektiven, die die freien Frauen miteinbezieht und die mächtigen Männer, jedoch nicht die normalen Leute des Systems. Es gibt auch Tonbandaufnahmen aus der Vergangenheit, die für mehr Hintergrundwissen sorgen. Das beste an der Erzählweise ist die Zeitversetzung. Es liest sich chronologisch, doch sind die Handlungen mit einem gewissen Zeitabstand erzählt, genau das sorgte für Spannung in dem Buch. Neben der futuristisch-feministischen Thematik wird durch den Erzählstil die Spannung aufgebaut, jedoch nicht aus den Charakteren heraus oder aus der Handlung.

Die Charaktere sind sehr wenig ausgefeilt und kamen mir wie Archetypen vor. Die Handlung kam nicht in die Gänge, weil die Autorin viel sagt und nicht zeigt, was bei Dystopien nicht die beste Option ist. Das Spannende wird als Rückblende erzählt, was die Spannung rausnimmt. Das Ende wollte man schon gar nicht mehr lesen, weil sie ein typisches, übliches, deshalb schon langweiliges und faules Mittel benutzt hat, um den Plot zu lösen. Sie hat offene Fragen gelassen, was gut war, doch das Buch hätte ruhig länger sein können, wenn dafür die Handlung interessanter gemacht worden wäre.

Was mich gestört hat war die komplette Auslassung eines Kommentars wie es Homosexuellen oder Transgender etc. ergangen ist. Es ist schon sehr auf heterosexuelle Beziehungen fokussiert, fast schon mit einem Gefühl der Ausschließlichkeit. Frauen und ihre Körper werden ständig als „Zauber“ bezeichnet, sie haben diesen „warmen Körper“, Männer auf der anderen Seite sind „männlich“ und ehrenhaft. In dem Setting ergibt es durchaus Sinn, es aber oft lesen zu müssen war seltsam.

Noch einen letzten Kommentar zu der Hauptfigur Sabine. Es gibt eine Stelle relativ nah am Ende, in der sie sich selbst etwas verspricht, was sie nach zwei Seiten wieder bricht. Sehr unrealistisch ohne zu spoilern. Und es gibt noch eine Stelle, die absolut übertrieben ist, schon ein pet peeve von mir, und auch leider relativ am Ende.

Das Buch ist sehr kurz für eine Dystopie und hätte durchaus länger und komplexer sein können und müssen. Der Report der Magd ist älter und hat viel mehr Unterhaltungs- und Diskussionspotential geliefert. Deshalb würde ich dieses Buch dem gegenüber Shahs mehr empfehlen.