Rezension

Die Denkerin

Die drei Leben der Hannah Arendt - Ken Krimstein

Die drei Leben der Hannah Arendt
von Ken Krimstein

Bewertet mit 3.5 Sternen

Hannah Arendt war zu ihren Lebzeiten eine streitbare Philosophin und gilt auch heute noch als die Ausnahmedenkerin überhaupt. Der Autor Krimstein hat in dieser Graphic Novel versucht, ihr Leben nachzuzeichnen. 

Die Abbildung Arendts auf dem Cover gibt einen ersten Vorgeschmack auf seinen Zeichenstil, der im Buch jedoch bei weitem nicht so detailliert ist und die Bilder innen sehr grob gezeichnet sind. Die schwarz-weiß Zeichnungen entfalten aber trotzdem eine eigenwillige Wirkung, auch weil Hannah Arendt konsequent mit grüner Kleidung erkennbar ist und somit immer hervorsticht. Grob skizziert wurden nicht nur die Bilder, sondern auch die biografischen Anhaltspunkte aus Arendts Leben, die durch viele Szenen- und Zeitsprünge leider etwas oberflächlich daherkommen und mehr an einen Schnelldurchlauf erinnern.

Als erstes Kennenlernen der Person wird dieses Buch schon reichen, aber um wirklich Umfangreicheres über sie zu erfahren, muss man denke ich eine richtige Biografie von ihr lesen, da der Autor hinten im Buch auch erwähnt, dass das Ganze eigentlich nur seine eigene Interpretation ihres Lebensweges ist, also eine biografische Fiktion. Man kann sich daher nicht sicher sein, was sich wirklich so zugetragen hat und was nicht. Aber man wird neugierig auf sie.

Besonders gestört hat mich der Fokus auf die Männer in Arendts Leben. Warum bekommen diese hier oft so viel mehr Aufmerksamkeit als sie? Berühmte männliche Namen werden erwähnt und Personen kommen vor und es war mir einfach zu viel "Namedropping", ohne dass viele dieser Menschen irgendwas zur Geschichte beigetragen hätten. Klar, so wird deutlich, wen sie alles gekannt hatte und wer Einfluss auf ihr Denken hatte (Einstein, Chagall, Heidegger, Brecht, ich will gar nicht so viele nennen), aber sie wurde für mich zur Nebenfigur ihrer eigenen Geschichte. Auch wenn das alles zu ihr dazugehört, hätte ich mir einen anderen Blickwinkel gewünscht.

Interessant fand ich über ihre Flucht vor dem Naziregime zu lesen, ihre Staatenlosigkeit wurde aber nur kurz angerissen, viele wichtige Themen gehen meiner Meinung nach in einem Nebensatz verloren. Das letzte Drittel beschäftigt sich dann mehr mit ihren philosophischen und politischen Theorien, was ich persönlich sehr spannend fand und hier auch endlich sie als Person im Mittelpunkt steht. 

 

Fazit

Die Graphic Novel wird Hannah Arendt nicht ganz gerecht. Im Zeitraffer bekommt man einen kleinen Einblick in ihr Leben und ihr Schaffen, dessen Fokus sich viel zu sehr auf ihre männlichen Weggefährten festfährt. Bei den grob skizzierten Bildern sticht nur Hannah mit ihrem Grün hervor, alle anderen sind weniger detailliert gezeichnet.