Rezension

Dunkelheit auf Nimmerland

Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland
von Christina Henry

Bewertet mit 5 Sternen

Wer denkt, Peter Pan durch das ursprüngliche Original oder gar den Disneyfilm zu kennen, wird hier mit der verstörenden Wahrheit konfrontiert. Denn Peter Pans Version ist eine Lüge und dies ist die Geschichte, wie sie wirklich geschehen ist.

Ich mag die Bücher von Christina Henry und ich liebe die Geschichte von Peter Pan. Deshalb war für mich klar, dass ich mir diese Kombination nicht entgehen lasse.

Bevor ich detaillierter auf meine Leseerfahrung eingehe, ist es für mich wichtig, auf die Originalversion von James Matthew Barrie zu verweisen. Denn wer den Klassiker liest oder gelesen hat, weiß, dass sie äußerst düster ist und bei genauer Betrachtung grausame Züge in sich trägt. Schon aus dem Grund ist Christina Henry gar nicht weit davon entfernt.

Sie erzählt die Geschichte von Peter Pan wie sie sich aus der Perspektive seines besten Freunds Jamie abgespielt hat. 

Dazu lädt uns Jamie auf die berüchtigte Insel Nimmerland ein, wo er mit den verlorenen Jungen lebt. Er zeigt uns den Alltag, die herkömmlichen Pflichten, die Freuden genauso wie die Gefahren, von denen es einige gibt.

Vom ersten Moment an bin ich in die Geschichte abgetaucht und habe die Insel lebhaft vor meinen Augen gesehen. Ausgelassene Glückseligkeit versprechend und voller Abenteuerdrang gehen die verlorenen Jungen durch ihr Leben und himmeln ihren Anführer Peter an.

Je strahlender der Held, umso geblendeter ist sein Gefolge. Daher sehen die Jungen nicht, in welche Gefahren sie Peter bringt. 

Nach Jahren, Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderten hinterfragt Peters bester Freund Jamie die Situation. Es wirkt, als ob er an Reife gewann und dem Treiben des Kameraden entwachsen sei. Immer öfter kommen ihm Bedenken, ob der Trubel aus jugendlicher Egalität und treibender Abenteuerlust tatsächlich zum Wohle der Jungen auf Nimmerland ist.

Gleichzeitig gilt es gefährliche Abenteuer zu bestehen, in Schlachten zu kämpfen und das Überleben zu sichern, während der wahre Feind möglicherweise die Person an der Spitze der verlorenen Jungen ist. 

Die Figuren empfand ich exzellent beschrieben. Christina Henry geht in die Tiefe, verleiht Persönlichkeit und zeigt, wie nah sich Licht und Schatten in jedem Menschen sind. Dabei achtet sie darauf, ihnen eine Geschichte hinter der Geschichte zu geben, arbeitet in vortrefflichen Grauschattierungen die Wesenszüge von Jamie und Peter heraus, um die Leser:innen in eine erbarmungslos und geniale Handlung zu führen.

Die Darstellungen sind düster und brutal. Die Autorin hält nichts zurück und schlägt emotional sowie leibhaftig schonungslos zu. Keine Wahrheit wird geschönt, keine Verletzung verharmlost, und im schlimmsten Fall zeigt der Tod sein leidvolles Gesicht.

Christina Henry hat mich mit „Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland“ außerordentlich begeistert. Zwar mochte ich die vorherigen Alice-Romane ebenfalls, aber mit dieser dunklen Version bietet sie Spannung, fesselnde Charaktere und eine immens geniale Story, die - zumindest bei mir - am Ende für Gänsehaut sorgt.

Wer Peter Pans Geschichte mag und sich auf die dunkle Seite einlassen will, wird mit diesem Buch eine bemerkenswerte Adaption erleben, die im Gedächtnis bleibt. 

Die dunklen Chroniken und weitere düstere Märchen von Christina Henry:
1) Die Chroniken von Alice. Finsternis im Wunderland
2) Die Chroniken von Alice. Die Schwarze Königin
3) Die Chroniken von Alice. Dunkelheit im Spiegelland
4) Die Chroniken von Peter Pan. Albtraum im Nimmerland
5) Die Chroniken der Meerjungfrau. Der Fluch der Wellen
6) Die Chroniken von Rotkäppchen. Allein im tiefen, tiefen Wald
7) Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters
8) Der Geisterbaum