Rezension

Durchhalten

Die Weite des Horizonts -

Die Weite des Horizonts
von Noa C. Walker

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Vielleicht konnte man das Böse in der Welt nur durch sich verschenkende Liebe besiegen. Und diese Liebe hatte viele Gesichter.“

„Die Weite des Horizonts“ ist ein historischer Liebesroman von Noa C. Walker. Er erschien im November 2023 im Tinte und Feder Verlag von Amazon Publishing.

 

Normandie, England, Schwarzwald 1942 - Cara wird als Wehrmachtshelferin in die Normandie versetzt, um dort in einer geheimen Radarstation zu arbeiten. Tatschlich kennt sie den Ort, an dem sie arbeiten soll, bereits aus ihrer Vergangenheit. In ihrer Kindheit verbrachten ihre Familie und sie hier viele Sommer. In diesen verliebte sie sich auch in den jungen Nic Poulin, den sie dann jedoch aus den Augen verlor. Nic ist mittlerweile bei der kanadischen Air Force als Radaringenieur beschäftigt und soll ebenfalls zurück in die Normandie - die deutsche Radarstation soll ausgekundschaftet werden…

Zeitgleich gerät die Familie von Cara unter Druck. Ihr Bruder Alexander kritisiert die Nationalsozialisten regelmäßig und wird deshalb inhaftiert. Emmi, seine Frau, muss sich also alleine um die Kinder kümmern und um ihren Mann fürchten.

 

Anhand des Klappentextes und der Beschreibung „historischer Liebesroman“, war ich davon ausgegangen, dass es in der Geschichte hauptsächlich um Cara und Nic sowie um ihr Wiedersehen gehen würde. Tatsächlich macht dies aber nur einen sehr kleinen Teil der Handlung aus.

Die Geschichte besteht aus wechselnden personalen Erzählperspektiven und mehreren Handlungssträngen, die jeweils nur indirekt miteinander zusammenhängen. Ein Teil der Handlung spielt also in der Normandie, wo Cara stationiert ist und auf ihre Jugendfreundin sowie im Verlauf auch auf Nic trifft. Der Fokus liegt hier klar auf den historischen Begebenheiten, der Résistance sowie auf Caras persönlicher Entwicklung. Diese ist als Wehrmachtshelferin zwar den Nationalsozialisten unterstellt, agieren tut sie aber eher gegen diese, wenn auch nicht bewusst im Widerstand. Sie unterstützt jedoch ihre alte Freundin und deckt deren Handlungen, wodurch auch Cara selbst in Gefahr gerät. 

Die Handlung ist dabei spannend und an vielen Stellen überraschend. Nic und Cara treffen aber erst spät aufeinander, wobei ihr Wiedersehen dann sehr schnell, sehr emotional ist. Vorher wird immer wieder deutlich, dass die beiden viel aneinander denken. Wirklich realistisch ist das Szenario für mich aber nicht, da es letztendlich mit ihrer Liebe für mich zu schnell ging.

Der zweite große Erzählstrang spielt in Deutschland, genauer im Schwarzwald, wo Caras Familie lebt. Ihr Bruder setzt sich aktiv gegen die Nationalsozialisten ein und auch ihre Eltern helfen aktiv Menschen, die vor dem Regime fliehen müssen. Durch ihre Handlungen bringen sie jedoch auch sich selbst massiv in Gefahr und Emmi, Caras Schwägerin, die bisher aus allem herausgehalten wurde, muss plötzlich alle Probleme lösen. Mir persönlich hat Emmi als Figur im Roman am besten gefallen. Sie wirkt zunächst unsicher und naiv, entwickelt sich dann aber zu einer entschlossenen und tatkräftigen Frau. 

Für meinen Geschmack hätten beide Geschichten ein eigenes Buch verdient, da sie insgesamt nahezu gleich viel Raum einnehmen, aber miteinander nur bedingt in Kontakt stehen und ein roter Faden durch den ständigen Wechsel fehlt. Natürlich gibt es gewisse Verbindungen, aber aufeinander angewiesen sind die beiden Handlungen eigentlich nicht. So wirken sie für mich nebeneinander etwas auseinandergerissen und als ob der Roman künstlich länger werden sollte. Natürlich bleibt die Spannung durch die wechselnde Handlung höher, aber auch die Konzentration beim Lesen wird mehr gefordert, sodass ich sehr lange für das Lesen gebraucht habe. 

Insgesamt lag dies aber auch daran, dass es gerade am Anfang einige Längen im Roman gibt und es eine Weile dauert, bis die Handlung wirklich in Fahrt kommt. Zudem konnte ich mit Cara nicht wirklich warm werden, da ich ihre Gefühle und und Gedanken nicht gut nachempfinden konnte. 

Gefallen hat mir sehr, dass historische Fakten in die fiktive Geschichte eingearbeitet werden und auch historische Figuren auftreten. Die Autorin legt den Fokus der Handlung auf ein Manöver an der deutschen Küste, welches als eine Art Himmelfahrtskommando beschrieben werden kann und welches tausende Menschen das Leben kostete. Die Aktion war schlecht geplant und militärisch unnötig, lieferte aber dennoch wichtige Erkenntnisse für den weiteren Kriegsverlauf. Entsprechende Hintergründe werden am Ende des Romans aufgegriffen und erläutert, was ich ebenfalls sehr mochte.

 

Mein Fazit: Ich hatte Schwierigkeiten, in den Roman hineinzufinden und habe wirklich sehr lange für das Lesen benötigt. Dies lag vor allem daran, dass die wechselnden Handlungsstränge nur bedingt miteinander zusammenhängen und es gerade am Anfang lange dauert, bis man alle Figuren und ihre Rolle zuordnen kann. Später ließ sich der Roman deutlich flüssiger lesen, wirklich erreichen konnte mich aber nur der Handlungsstrang aus dem Schwarzwald. Bei einem historischen Liebesroman erwarte ich zudem einen Fokus auf der Liebesgeschichte, was hier absolut nicht erfüllt war. Der Fokus lag auf den historischen Ereignissen, welche dann auch sehr im Detail und zum Teil langatmig beschrieben wurden. Die Darstellung ist dabei sicher konkret und präzise, gleichzeitig aber eben auch kompliziert und für mich wenig mitreißend.

Letztlich kann ich daher nur 3,5 von 5 Sternen für den Roman vergeben.