Rezension

⭐⭐⭐ Durchwachsen, mit deutlichen Stärken und Schwächen

Helle Tage, dunkle Schuld -

Helle Tage, dunkle Schuld
von Eva Völler

Bewertet mit 2.5 Sternen

Wir befinden uns im Ruhrgebiet im Jahr 1948. Der Kriminalbeamte Carl Bruns, der im Nazi-Regime den Ariernachweis nicht erbringen konnte und daher postwendend entlassen wurde, nimmt seinen Beruf im Essener Polizeipräsidium wieder auf. In einer schwärenden Atmosphäre der oft verdrängten Schuld sieht er sich schon bald mit einem Mordfall konfrontiert, der möglicherweise mit einem der zahlreichen grauenvollen Kriegsverbrechen verbunden ist.

Während seiner Ermittlungen begegnet Carl seiner Jugendliebe Anna, gerät selbst ins Visier des Mörders und beobachtet ernüchtert die Fallstricke der Entnazifizierung.

Eva Völler betritt hier erstmals das Genre des historischen Kriminalromans; das Ergebnis ist vielversprechend, hat meines Erachtens jedoch auch deutliche Schwächen. 

Großartige Szenen, in denen die Nachkriegszeit eindringlich und mit viel Gespür für historische Details zum Leben erwacht, wechseln sich ab mit Momenten des Pathos und der aufgesetzten Emotionalität. Dies wäre gar nicht nötig gewesen, hat die beschriebene Situation doch mehr als genug Konflikt- und Spannungspotential!

Ähnlich gespalten empfand ich die Darstellung der Protagonisten und Protagonistinnen. Ja, die Grundlagen für komplexe, vielschichtige Charaktere sind gegeben! Aber leider erweisen sich diese Grundlagen in meinen Augen oft als Brachland, weil Charakterzüge und Eigenschaften übersteigert werden, statt sie mit psychologischem Gespür zu entwickeln.

«Ihr Haar rieselte wie flüssiges Gold auf ihre Schultern, und ihre Brüste wölbten sich über ihrer schlanken Mitte in makellos straffer Fülle. Die fast madonnenhaften Züge ihres Gesichts bildeten einen irritierenden Gegensatz zu den sinnlichen Kurven ihres Körpers, abgesehen von den herzförmig geschwungenen Lippen, die auch ungeschminkt aussahen, als wäre sie jederzeit bereit zu einem Kuss.»
(Zitat)

Die Autorin beschreibt weibliche Charaktere mitunter mit geradezu 'männlichem Blick', im Sinne des oft zitierten Stereotyps. Eigenschaften wie Unschuld und Selbstlosigkeit werden mit Eigenschaften wie Attraktivität und sexuelle Verfügbarkeit kombiniert, was eine idealisierte und unrealistische Sicht auf die weibliche Figur erzeugt. Zudem werden die Traumata, die mit der Prostitution in der Nachkriegszeit verbunden sein können, dadurch in meinen Augen trivialisiert. 

Die Liebesgeschichte zwischen den Hauptfiguren empfand ich leider als aufgesetzt und klischeehaft. Sie nimmt sehr viel Raum ein, während andere Themenkomplexe vernachlässigt wurden – insbesondere die Ermittlungsarbeit des eigentlichen Kriminalfalls, wodurch Spannung verloren geht.

Fazit:

«Helle Tage, dunkle Schuld» verbindet die Komplexität der Nachkriegszeit in Deutschland mit einem auf Tatsachen beruhenden Kriminalfall. Ein vielversprechender Ansatz! Doch bedauerlicherweise wich meine anfängliche Begeisterung schnell einer gewissen Ernüchterung; interessante Einblicke in die Gesellschaft der Zeit können nicht über fehlende Spannung und eine schwächelnde Charakterzeichnung hinwegtäuschen.