Rezension

Ein beeindruckendes Debüt

Josses Tal -

Josses Tal
von Angelika Rehse

In ihrem beeindruckenden Debüt „Josses Tal“ schildert die Autorin Angelika Rehse, eine Geschichte über das fiktive Schicksal des unehelich geborenen Josefs, während des Nazi-Regimes und über dessen Zerrissenheit zwischen Schuld und der Sehnsucht nach Vergebung.

Inhalt:
1930: Josef ist ein uneheliches Kind und eine Schande für seinen Großvater, der ihn seine Enttäuschung mit Schlägen täglich spüren lässt. Mit seiner Mutter im Haus der Großeltern erlebt Josef eine Kindheit, die geprägt ist von Angst und Schuld, fehlender Nähe und Geborgenheit. Als er seinen Nachbarn Wilhelm kennenlernt, erfährt er zum ersten Mal in seinem Leben Freundschaft und Zuneigung. Wilhelm beschützt und fördert Josef – und nutzt dessen Arglosigkeit aus, um für ihn, der Hitler treu ergeben ist, die Bewohner im Ort auszuspionieren. Stolz auf diese Aufgabe und seine neue Uniform wird er zu einem folgsamen Gehilfen, doch dann erfährt Josef etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt …

Meine Meinung:
Die Autorin Angelika Rehse ist im Umfeld von Heimatvertriebenen, ausgewachsen. Unter dem Eindruck der erzählten und verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer aus Schlesien stammenden Eltern, wurde sie zu der Lebensgeschichte des unehelich geborenen Josefs, inspiriert.

Im Jahr 2004: Helen löst eine vergilbte Ansichtskarte aus der Familienchronik, die am 20. September 1945 in Lillehammer an den Bürgermeister im schlesischen Reichenbach, dem Geburtsort ihrer Großmutter, abgestempelt wurde. Auf der Karte stand: „Habe den Krieg überlebt. Den Kummer, den ich im Kreis verursacht habe, bedaure ich zutiefst. J. T.“ Helen hat Mühe Josef ausfindig zu machen, der in einem abgelegenen Tal ein Eremitendasein führt. Sie fährt zu ihm und will mehr über den Tod ihrer Urgroßmutter erfahren.

Josef ist offen und bereit, sich vor Helen zu öffnen und erzählt ihr seine Lebensgeschichte.
Als uneheliches Kind wird er 1925 geboren, von seinem Großvater aufs schändlichste misshandelt und von den Dorfkindern, verspottet und gehänselt. Als die Familie der Schande wegen 1930 ins dörfliche Dorotheenthal umzieht, wird die Lage für Josef nicht besser. Er wächst in ständiger Angst und mit Schuldgefühlen auf, bis er Wilhelm Reckzügel einen Medizinstudenten, kennenlernt. Wilhelm kann gerade mal wieder eine Prügelattacke gegen Josef abwenden und nimmt ihn kurzerhand mit zu seinen Eltern. Wilhelm lenkt seine Aufmerksamkeit voll auf Josef, fördert ihn und hat ein leichtes Spiel, ihn für die Hitlerjugend zu begeistern. Zum ersten Mal in seinem Leben, wird Josef wahrgenommen und lässt sich von Wilhelm, immer mehr manipulieren!

Josefs Mutter liegt im Sterben und erzählt endlich von seinem Vater, doch er weicht entsetzt zurück, will das nicht hören und stürmt wutentbrannt aus dem Haus. Erst bei Wilhelms Familie, kommt er zur Ruhe und seiner Vergangenheit geht er schlicht aus dem Weg. In einer schicken Uniform als Pimpf und seinem Aufstieg zum Fähnleins Führer, wird er plötzlich auch von den Dorfkindern, wahrgenommen und akzeptiert. Wilhelm, der SS Mann fordert Josef auf, die Dorfbewohner zu bespitzeln und zu denunzieren. Für Josef, mit dem Verkauf seiner Kaninchen ein leichtes Spiel, denn er kann arglos von Haus zu Haus ziehen ohne dass ein Verdacht auf ihn fällt. Mit der Zeit missfallen ihm aber Wilhelms Ansichten und seine Beobachtungen, äußert er ihm gegenüber nicht mehr ganz so offen.

Der Tag der Abrechnung von Wilhelm kommt und nimmt eine unerwartete tragische Wendung für Josef, mit der ich so nicht gerechnet hätte.

Fazit:
Der Autorin ist es mit ihrem flüssigen Schreibstil hervorragend gelungen, mich für ihre historische Zeitreise, die geschickt in fiktiven Handlungen eingebettet ist, zu begeistern. Weniger gefiel mit, dass im Laufe der Geschichte, immer wieder Fragen auftauchten, die bis zum Schluss nicht zur Sprache kamen und damit offen bleiben. Ob gewollt oder nicht, kann ich hier nicht beurteilen!
Von mir 4 von 5 Sternen!