Rezension

Eindringlich

Zur See -

Zur See
von Dörte Hansen

Bewertet mit 5 Sternen

Familie Sander ist seit Generationen auf der Nordseeinsel beheimatet. Die Männer fuhren zur See, währenddessen warteten die Frauen zu Hause. Hanne Sander, die nicht mehr nur warten wollte, verwandelte ihr Haus im Sommer in eine Pension für Urlaubsgäste. Ihre drei Kinder zog sie fast alleine groß, weil Jens, ihr Mann, sich nach einigen Jahren Seefahrt in die Einsamkeit zurückzog, um Vögel zu beobachten. Schon längst beherbergt Hanne keine Gäste mehr, die ziehen die Annehmlichkeit der Inselhotels vor. Dort, wo man früher vom Fischfang lebte, ist mittlerweile der Tourismus die größte Einnahmequelle. Schleichend setzte die Veränderung ein und treibt nun immer rasanter voran. Die verbliebenen Inselbewohner begegnen dem Wandel mit Pragmatismus. Dieser Wandel verändert auch das Leben der Sanders, zuerst nur wenig bis sich innerhalb eines Jahres die Ereignisse überschlagen.

Meinung

Wie schon in ihren Romanen „Altes Land“ und „Mittagsstunde“ trifft Dörte Hansen auch hier einen Ton, der ähnlich wie die See, gleichsam rau und herzlich ist. Manche Sätze sind wie Regen, der dem Leser ins Gesicht peitscht, manche wiederum lesen sich, als ob man auf die ruhige See schaut, die bis zum Horizont in der Sonne glitzert. Als Leser:in spürt man die Empathie, die die Autorin ihren Figuren entgegenbringt. Im leicht melancholischen, nüchternen Stil erzählt der Roman von Inselbewohnern, die Stück für Stück ihre Heimat an die Touristen abgeben.

Mich hat „Zur See“ begeistert, aber es stimmt mich auch nachdenklich, angesichts des beschriebenen Wandels, den es ohne Zweifel auf den Inseln in der Nordsee und sicher auch in der Ostsee gibt. Vom Fischfang, der die Menschen jahrhundertelang ernährt hat, kann heute niemand mehr leben. Die Haupteinnahmequelle ist der Tourismus, der diese kleinen Inseln immer mehr in den Griff bekommt. Die jungen Leute verlassen die Inseln, um auf dem Festland zu leben, denn dort gibt es eine Zukunft für sie.

Der Roman wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Figuren heraus erzählt, was ich als Bereicherung empfunden habe, weil die einzelnen Teile ein Ganzes ergeben.

 

Fazit

Ein ehrlicher Roman, leise und schnörkellos, aber so voller Wucht, dass man hineintaucht.