Rezension

Zurecht gelobt

Zur See -

Zur See
von Dörte Hansen

Inselwelt im Wandel

Dörte Hansen beschreibt das Leben der Familie Sander auf einer Nordseeinsel 1 Stunde vom Festland entfernt.
Wir erfahren, wie sich mit den Touristen und der rückläufigen Seefahrt das Leben der Inselbewohner verändert hat. Von harter Ursprünglichkeit über 50er Jahre Ferienidyll bis hin zum Massentourismus der Neuzeit beschreibt sie die Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf Bebauung, Natur und veränderte seelische Zustände der Inselbewohner.
Hansens Sprache ist klar, eindringlich und fast lyrisch. Schon auf den ersten Seiten versinkt man in diesen phantastischen Sätzen:
Und dass Ihr Haus in einem alten Rhythmus atmet: schwer im Frühling, schnell im Sommer, kurz im Herbst und tief im Winter, wie der Mann, der es gebaut hat, und die Frau, die ihn im Februar in Richtung Eismeer Segeln sah, im Juni auf den Heufeldern gebraucht hätte und im Oktober auf ihn wartete, mit einem neuen Kind im Arm.

Die Autorin macht es ihren LeserInnen nicht leicht. Das ist kein idyllischer Roman übers Inselleben, keine der Figuren wächst einem ans Herz. Es ist eher eine psychologische Studie, einer aus den Fugen geratenen Welt.
Nicht mal das Ende ist versöhnlich, im Gegenteil, die See zeigt ihre Macht - sie lässt sich nicht so einfach verändern.
Mit viel Phantasie kann man eventuell ein schmales Licht am Ende des Horizontes ausmachen, es könnte aber auch der Vorbote eines großen Sturmes sein.
Wer ein Buch ohne 'Zuckerguss' lesen mag und statt dessen die schönen Sätze der Autorin genießen kann, wird begeistert sein.
Dieses Buch wird in meinem Schrank bleiben und sicher noch mehrmals gelesen werden in den mehr als 30 Jahren, die ich noch leben möchte.