Ein melancholischer Roman, der den Wandel vom Inselleben aufzeigt
Bewertet mit 5 Sternen
Dörte Hansen begleitet in ihrem Roman ein Jahr im Leben der zerrissenen Familie Sander, die mit Traumata und menschlichen Problemen zu kämpfen hat, viel Arbeit im Sommer durch die Touristen und eine einsame Stille in den dunklen Wintermonaten. Sprachlos ist die Familie geworden, die Probleme stecken tief und als Norddeutsche fügen sie sich in ihr Schicksal und reden nicht lange drumherum.
So wie Jens Sander, der vor Seefahrt und Familie in die Einsamkeit als Vogelwart floh. Oder Ryckmer, der älteste Sohn der Sanders, der dem Alkohol nicht entkommen konnte, sein Kapitänspatent verlor und nun hilflos nach seinem Platz im Leben sucht. Mutter Hanne fügt sich in ihre Aufgaben, sprachlos und ohne Freude am Leben. Tochter Eske kümmert sich im Altenheim um alte Seeleute und hegt einen tiefen Groll gegenüber den Touristen, die sie am liebsten von der Insel verbannen möchte. Der jüngste Sohn Henrik konnte sich als Kind nie einfügen, doch als Erwachsener hat er seinen Platz im Leben gefunden, er fühlt sich dem Meer eng verbunden, sammelt Treibholz und fertigt daraus Kunstwerke, die ihm sein Auskommen sichern.
Es ist ein tief bewegender Roman, weil er uns in die Seele der Menschen schauen lässt und ihre Nöte und Sorgen zeigt, und das ohne große Dialoge oder Erklärungen. Nur durch die leisen Zwischentöne im Handeln der Figuren erkennt man, welche Probleme die Menschen umgibt und wie Sucht, fehlende Zuwendung, Einsamkeit und Auseinanderleben ihr Leben formte.
Gleichzeitig wird die Auswirkung des ausufernden Fremdenverkehrs deutlich, wo viele Menschen in die Idylle einer Insel einfallen, ist die Ruhe schnell vorbei. In ihren ersten Jahren waren noch viele Gäste im Haus der Sanders, die eigenen Kinder zogen dann auf den zugigen Dachboden. Doch die Verwurzelung mit ihrer Heimat merkt man ihnen allen noch an. Geblieben ist die Sehnsucht nach dem Meer und die Verbundenheit mit den Ortsansässigen.
Dörte Hansen versteht es mit teilweise poetischen Sätzen ganz wunderbar mit ihren sperrigen Figuren den Wandel des Lebens an der See darzustellen. Ihr kantiger rauer Erzählstil beschreibt eindrucksvoll wie die Insulaner miteinander umgehen. Sie erzählt eine individuelle Story, die solche aktuellen Themen beherbergt wie Glaubensverlust, Klimaveränderung und Tourismusboom. Man fühlt in ein Inselleben hinein, wo die Seele nicht entspannen kann, weil die Veränderungen so deutliche Spuren hinterlassen.
Ein melancholischer Roman, der in die Seele der Menschen schauen lässt und den Wandel vom Inselleben aufzeigt
Ein melancholisches Buch, das den Wandel des Lebens an der See aufzeigt und durch seine Eindrücklichkeit noch lange in mir nachhallen wird. Meine Buchempfehlung des Monats!