Rezension

Sprachgewaltig

Zur See -

Zur See
von Dörte Hansen

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ohne Not fährt niemand zu den Walen, aber keine Not scheint jemals groß genug gewesen zu sein, um einen Inselmenschen auf das Festland zu vertreiben...“

 

Eine Insel irgendwo in der Nordsee, eine Familie, die seit Generationen darauf lebt und ein Inselpfarrer, der fast zum Inventar gehört – das ist der Stoff, aus dem die Autorin ihren Roman schreibt, stimmgewaltig und voller Sprachbilder.

Es ist ein Buch, dass eine Entwicklung aufzeigt mit all ihrem Licht und ihrem Schatten.

Die Personen werden gut charakterisiert. Da ist Hanne Sander, die im Haus der Vorfahren lebt. Einst hat sie Gäste beherbergt. Sie gehörten in den Sommermonaten zur Familie. Dem hatte sich alles unterzuordnen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Ansprüche der Gäste sind gewachsen.

Ihr Mann Jens ist auf eine Vogelinsel geflüchtet. Als Vogelwart hatte er seine Ruhe. Er fühlte sich als Fremder im eigenen Haus, wenn er von der See kam.

 

„...Sie hätten anders leben können, er und Hanne. Stattdessen haben sie das Leben ihrer Eltern fortgesetzt, Seefahrer und Seemannsfrau gespielt, die Wut für eine alte Wut gehalten und die Verletzungen für unvermeidlich...“

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Alle drei Kinder leben noch auf der Insel. Nur Ryckmer ist Seefahrer geworden, doch der Alkohol ist sein bester Freund. Eske arbeitet im Altenheim. Hendrik sammelt täglich alles Angeschwemmte vom Strand und macht daraus Kunst.

Es ist beeindruckend, wie die Autorin die Veränderungen beschreibt.

 

„...Die Gesetze der Gekränkten gelten wohl auf allen Inseln: nie zu freundlich zu den Touristen sein. Nicht lächeln. […] Weil man die Hand, die einen füttert, nicht noch küssen muss...“

 

Die alten Berufe sind nicht mehr gefragt. Die Sprache gerät in Vergessenheit. Alles ordnet sich dem Tourismus unter.

Man muss das Buch auf sich wirken lassen. Es ist eine leise Erzählung, die von einer gewissen Melancholie durchdrungen ist.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.