Rezension

Eine queere Liebesgeschichte zum Wegträumen nach Pittsburgh

She Gets the Girl -

She Gets the Girl
von Rachael Lippincott

Bewertet mit 4.5 Sternen

„She gets the girl“ ist der neue Roman von Rachael Lippincott und ihrer Frau Alyson Derrick und vor Kurzem im dtv-Verlag erschienen. Bereits ihre  vorherigen Bücher „Drei Schritte zu dir“ und „All This time – Lieben heißt unendlich sein“ haben mir sehr gefallen und mich tief berührt, deshalb war ich umso gespannter, wie mir ihr neues Buch gefallen wird. Umso mehr habe ich mich gefreut, die Chance zu bekommen, das Buch hier im Rahmen einer Leserunde zu lesen.

Die Geschichte wird aus den Perspektiven von Alex und Molly erzählt. Der Schreibstil lässt sich leicht und flüssig lesen; man merkt aber durchaus die leicht verschiedenen „Erzählstimmen“ der beiden Autorinnen, was in dem Buch wunderbar harmoniert und die beiden Protagonistinnen für den*die Leser*in noch greifbarer und individueller macht. Besonders Molly war mir aufgrund zahlreicher Gemeinsamkeiten sofort sympathisch, während ich mit Alex erst warmwerden musste, da sie hinter ihrer lockeren und flapsigen Fassade sehr verschlossen ist. Die beiden Protagonistinnen könnten wirklich unterschiedlicher nicht sein, doch gerade dies macht den Reiz des Buches bzw. der Geschichte aus, denn beide tun sich in ihrer Freundschaft gegenseitig gut. Es hat mir sehr gut gefallen, dass man als Leser*in im Laufe der Geschichte selbst merken konnte, wie sowohl Molly als auch Alex immer mehr zu sich selbst finden, besonders was die Interaktion mit anderen anbelangt. Sie werden sich zunehmend darüber klar, was sie vom Leben wollen, und dazu gehört auch, sich von der Familie abzunabeln. Dieser Prozess wurde für beide Protagonistinnen in all seinen Facetten dargestellt.
Ich muss diesbezüglich aber gestehen, dass mir in manchen Aspekten die Parallelen bzw. Gegensätze zwischen Alex und Molly ein bisschen zu konstruiert wirkten und den Roman etwas vorhersehbar machten.

Die queere (lesbische) Liebesgeschichte in „She gets the girl“ hat mich sehr begeistert, vor allem weil ich sie in der Form bisher viel zu selten gelesen habe: Sowohl Alex als auch Molly beginnen gerade mit dem Studium, sind  beide schon über ihre Findungsphase hinaus und in ihrer Sexualität gefestigt. Es wird an keiner Stelle des Buches in Frage gestellt, welches Geschlecht Alex bzw. Molly präferiert, denn es geht nur darum, die jeweilige Traumfrau (zurück) zu erobern, sei es Nathalie oder Cora. Das war wunderbar erfrischend und so wichtig zu lesen, denn Queersein sollte besonders in der heutigen Zeit noch viel mehr „normalisiert“ werden und in der Gesellschaft nicht mehr als Alterität wahrgenommen werden.
Überraschend war für mich, dass das Buch auch tiefgründigere Themen anspricht, was besonders die Hintergrundgeschichte der Mütter von Alex und Molly anbelangt. Ich will hier gar nicht ins Detail gehen, aber dies hatte ich vom Klappentext her gar nicht so erwartet, das Buch hat mich also positiv überrascht.

Besonders gut gefallen hat mir darüber hinaus das Setting des Romans an der Universität in Pittsburgh, weil dies eine Stadt ist, mit der ich bisher keinerlei Berührungspunkte. Durch den leichten Schreibstil kam es mir aber glatt so vor, als würde ich gemeinsam mit Alex und Molly über den Campus streifen und in Seminaren sitzen.

Meine einzigen Kritikpunkte an dem Roman sind, dass mir das Ende etwas zu schnell abgehandelt war und die Konfliktlösungen manchmal zu einfach gewählt waren. Hier hätte ich mir im Idealfall noch mehr Gespräche oder ausführlichere Szenen gewünscht, doch auch so war das Ende passend zur Geschichte und zufriedenstellend.

Alles in allem hat mir die Geschichte richtig gut gefallen und ich kann das Buch trotz kleinerer Kritikpunkte allen empfehlen, die eine mitreißende (queere) Wohlfühlstory suchen. Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.