Rezension

Eine reichlich ungewöhnliche Ermittlerin

Tote haben kein Zahnweh - Isabella Archan

Tote haben kein Zahnweh
von Isabella Archan

Bewertet mit 4 Sternen

»Irgendwie, tief in meinem Hirn, kommt mir die Tote bekannt vor, aber ich kann mich im Moment nicht erinnern. Stattdessen gehe ich professionell an die Sache heran, ich sehe mir automatisch ihr Gebiss an. Ihre Zähne sind weiß, sicher gebleicht, scheinen fast alle noch ihre eigenen zu sein. Links oben erkenne ich ein Implantat. Rechts unten aber klafft ein Loch, das überhaupt nicht zu ihrem sonst so gut erhaltenen, gepflegten und sicher teuren Gebiss passt. Zwei Zähne fehlen komplett, die beschliffenen Stümpfe von zweien sind als Pfeiler noch da, aber die Brücke, die zu dieser Lücke passt, die Brücke vom Siebener bis zum Vierer, ist nicht da. Warum das denn? Wer würde einer Sterbenden eine Brücke aus dem Mund entfernen?«

Wer überraschend eine ganz offensichtlich ermordete Frau findet, kommt vermutlich nicht auf die Idee, sich als allererstes den Zustand ihres Gebisses anzuschauen. Dafür muss man wohl Zahnarzt bzw. Zahnärztin sein.

Eine solche ist Dr. Leocardia Kardiff. Ihre Praxis hat sie in Köln und ihre Mittagspause verbringt sie häufiger mal bei einem Therapeuten, um ihre im Beruf arg hinderliche Spritzenphobie zu bekämpfen. Klingt schräg, ist es auch.

 

Abgesehen von ihrer Phobie ist sie auch sonst ein leicht skurriler Charakter. Intelligent, aber oft verwirrt und chaotisch. Höchst neugierig, aber auch einfühlsam. Und meist redet sie schneller, als sie denkt, was sie immer mal wieder in Schwierigkeiten bringt. Hauptkommissar Jakob Zimmer schwankt jedenfalls ständig zwischen Sympathie und Wut, diese Hobby-Ermittlerin kostet ihn schlicht Nerven. Dumm nur, dass sie nicht selten der Polizei um mehr als eine Nasenlänge voraus ist.

 

Im Zentrum dieses Krimis steht seine reichlich ungewöhnliche Ermittlerin. Eine Zahnärztin zur Detektivin zu machen, ist schon kreativ. Wie realistisch so etwas sein kann, steht auf einem anderen Blatt. Ohnehin scheint mir die Vorstellung einer Zahnärztin, die beim Setzen einer Spritze in Ohnmacht fällt, ziemlich weit hergeholt. Aber die Vorstellung ist unterhaltsam.

Die Krimihandlung selbst wirkt da schon nachvollziehbarer. Man kann beim Lesen auch schön miträtseln, wer denn nun der Mörder ist und wie die Taten (denn es bleibt nicht bei dem einen Opfer) zusammenhängen. Die Spannung blieb aber zumindest für mich etwas auf der Strecke, was erneut an dem Charakter der Protagonistin liegt. Ihr ständig ratterndes Gedankenkarussell nahm selbst an Stellen, die normalerweise sehr spannend wären, für mich eben diese Spannung raus. Aber unterhaltsam war’s schon ;-)

 

Fazit: Ein Krimi, der von seiner ungewöhnlichen Ermittlerin lebt. Nicht wirklich spannend, aber unterhaltsam.