Rezension

Endlich mal ein unheimlicher Thriller!

Cry Baby - Scharfe Schnitte - Gillian Flynn

Cry Baby - Scharfe Schnitte
von Gillian Flynn

Der Erstling von Gillian Flynn wurde nach ihrem Gone Girl-Durchbruch verlegt - da schrillen die Alarmglocken so einiger Skeptiker. Hellhörig von den Stichworten „Stepford Wives Kleinstadt“ und „Mord“ machte ich mich direkt ohne weitere Inhaltsangabe an das englischsprachige Original und kann jedem nur dasselbe empfehlen. Zu viel Inhaltsangabe ist in diesem Fall einfach zu viel, die erste Hälfte des Buches zu verraten trübt die Entfaltung dessen, was das Buch ausmacht.

Viele argumentieren, dieses Buch sei ein Familiendrama und kein Thriller. Das sehe ich ganz anders.

Es ist eine Schauergeschichte, die sehr gekonnt immer verstörender, beunruhigender und unheimlicher wird. Gillian Flynn unterhält hier nicht nur psychologisch eindrucksvoll, sie bringt auch parallel symbolische Ebenen ein, die literarisch schön sind. Das ist kein stumpfsinniger Schocker-Blutvergießer-Standardstory-Ermittlerzentrierungs-"Thriller", es ist das raffinierte Zerbröseln einer Bilderbuch-Idylle zur Freilegung so einiger Abgründe. Oh, hier gibt es auch Gewalt. Nur ist diese  erschütternder als jene aus gewohnten Leichenzerstückelungs-Schinken, sie ist unerwartet gemeiner.

Weltliteratur ist es nicht. Aber „Cry Baby“ hat Kopf, Herz, Hand und Fuß - und geht unter die Haut, pur und ohne Schnickschnack. Das thrillt mich. Eindeutig. Bitte mehr!