Rezension

Verstörend, mitreißend, einfach genial

Cry Baby - Scharfe Schnitte - Gillian Flynn

Cry Baby - Scharfe Schnitte
von Gillian Flynn

Bewertet mit 4 Sternen

Die Journalistin Camille Preaker wird von ihrem Chef in ihre Heimatstadt Wind Gap geschickt, um dort über die Morde zweier Mädchen zu berichten. Das verschlafene Städtchen wehrt sich vehement gegen den Vorwurf, der Mörder könnte sich in den eigenen Reihen befinden. Die Polizei scheint keinerlei Anhaltspunkte zu haben. Camille, eine zutiefst verstörte Frau, deren Körper mit in die Haut geritzten Wörtern übersät ist, leidet noch immer unter den traumatischen Erlebnissen ihrer Kindheit und dem Tod ihrer Schwester Marian. Doch um den Mörder zu finden, der den beiden Mädchen nach ihrem Tod grausam alle Zähne herausriss, muss sie sich den Dämonen ihrer Vergangenheit stellen. Allen voran ihrer äußerlich so perfekten Mutter Adora.

"Cry Baby - Scharfe Schnitte" bekommt von mir vier Sterne. Nachdem ich das Buch ausgelesen hatte, war ich erst einmal sprachlos. Sprachlos über die Grausamkeiten, die den Mädchen zugefügt wurden. Sprachlos, welche fatalen Folgen eine psychische Störung haben kann. Und nicht zuletzt sprachlos über das erschreckende Ende, das bei dem Verlauf der Geschichte allerdings unvermeidbar war. Gillian Flynn fesselt schon von den ersten Seiten an, denn ohne großes Vorgeplänkel befindet man sich mitten im Geschehen und bemerkt auch schnell, dass die Protagonistin, Camille Preaker, kein unbeschriebenes Blatt, sondern eine zutiefst verstörte Frau ist. Höschen steht auf ihrer Schulter, schlimm und weinen zwischen den Zehen. Petticoat flammt auf ihrer linken Hüfte. Böse befindet sich ganz in der Nähe. Verschwinden regiert die anderen Wörter still und königlich vom Nacken aus. Camille Preakers Körper ist mit Wörtern übersäht, die sie sich in die Haut geritzt hat. Viele Wörter klingen feminin, irgendwie niedlich und rosarot. Andere schlichtweg negativ, wie etwa die elf Synonyme des Wortes ängstlich. Sie ist jedoch nicht die einzige in Wind Gap, die psychische Probleme hat. Ihre jüngere Schwester Amma beispielsweise, die für ihr Alter weit entwickelt ist, beherrscht die ganze Schule durch ihr Manipulationstalent und ändert ihre Stimmung innerhalb von wenigen Sekunden, wodurch sie ziemlich gefährlich wird. An einigen Stellen habe ich mich wirklich vor ihr gegruselt, denn hinter der wunderschönen Fassade verbirgt sich eine skrupellose Person, die unberechenbar ist. Die Liste über die verborgenen und teils verstörenden Seiten der Bewohner Wind Gaps könnte man fast endlos weiterführen, da Gillian Flynn keine Grausamkeit auslässt. Das und die klare Sprache macht ihren Schreibstil besonders, auch wenn für meinen Geschmack ein paar obszöne Szenen, die nahezu bis ins kleinste Detail beschrieben wurden, zu viel vorhanden waren. Deshalb würde ich das Buch wirklich erst ab einem Alter von 15/16 Jahren empfehlen. Das ganze Buch hindurch herrscht Hochspannung pur die in das in diesem Ausmaß absolut unvorhersehbare Ende gipfelt, das einem die Luft raubt.

Mit "Cry Baby - Scharfe Schnitte" begann die Karriere von Gillian Flynn, einem Buch, das man mit vielen Adjektiven beschreiben kann: verstörend, bedrückend, schauderhaft, unvorstellbar, schrecklich, grausam, entsetzlich. Eins darf jedoch nicht fehlen: genial.