Rezension

Fesselnder Familienroman

Blankenese - Zwei Familien -

Blankenese - Zwei Familien
von Michaela Grünig

Bewertet mit 5 Sternen

In Blankenese im Jahr 1919 trifft John, der Sohn der bekannten Reederei Casparius, auf die freche Leni Hansen. Diese stammt aus einer bodenständigen Familie der Arbeiterklasse – ihr auf hoher See verstorbener Vater war einstmals Kapitän der Casparius-Flotte. Als John und Leni miteinander anbändeln haben sie jedoch nicht nur gegen den Widerstand zu kämpfen, der auf dem Unterschied der sozialen Schichten beruht, aus denen sie stammen. Denn, was sie nicht wissen, ist, dass Lenis Mutter der Reederei vorwirft, ihren Mann auf dem Gewissen zu haben…

 

„Blankenese – Zwei Familien“ ist ein historischer Roman von Michaela Grünig. Die Geschichte wird aus wechselnder Perspektive der Hauptfiguren wiedergegeben und beginnt im Jahr 1919 und endet kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges. 

 

Zunächst war ich etwas enttäuscht, denn der Roman plätscherte auf den ersten 100 Seiten etwas vor sich hin und wirkte vorwiegend wie ein Frauenroman, weil sich alles mehr oder weniger um die Liebesromanze zwischen John Casparius und Leni Hansen gedreht hat. Mit Aufkeimen der ersten Strömungen des Nationalsozialismus, der nach und nach in jede Gesellschaftsschicht einrieselt und schlussendlich Überhand gewinnt, wurde der Roman allerdings immer fesselnder. Nach dem ersten Drittel konnte ich den Roman nicht mehr aus den Händen legen! Der Autorin ist es unfassbar einfühlsam gelungen, sich in die verschiedensten Persönlichkeiten und Umstände der damaligen Zeit einzuarbeiten und darzustellen, warum manche Menschen sich vom Nationalsozialismus haben einnehmen lassen und wie schwer es für andere war, diesem zu trotzen. Ein Fokus liegt dabei vor allem auf den Erlebnissen der jüdischen Bevölkerung, die zunehmend drangsaliert wird – dies in seinen Wurzeln jedoch auch schon vor Machtgewinn der NSDAP. Sowohl die politische Situation als auch die Geschehnisse der einzelnen Romanfiguren hat die Autorin unfassbar packend und nahbar beschrieben, dass ich kaum noch an etwas anderes denken konnte. Mich hat der Roman sehr bewegt und ich habe oft um meine Lieblingsfiguren gebangt. Die verschiedenen Charaktere der Geschichte sind unglaublich vereinnahmend, insbesondere weil jeder eine eigene Entwicklung erfährt. Auch unsympathische Figuren sind gut ausgearbeitet worden, sympathische wachsen einem direkt ans Herz. Viele überraschende Wendungen und Vorkommnisse lassen diesen Roman zudem vielfältig und dramatisch werden. Großartig! 

 

Obwohl es noch keine Ankündigung für einen Folgeband gibt, gehe ich schwer davon aus, dass es einen geben wird. Denn Teil 1 endet mit einem fiesen Cliffhanger und ich möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht und wie (und ob) die Familie die Zeiten des Nationalsozialismus übersteht.

 

Zusammengefasst war dieser Roman für mich eine absolut positive Überraschung und ist meines Erachtens schon jetzt ein Jahreshighlight seines Genres! Packend und bewegend lässt einen dieser Roman so schnell nicht wieder los!