Rezension

Gelungene Umsetzung eines bekannten Konzeptes, bei dem das Potenzial leider nicht ausgeschöpft wurde

Coldworth City - Mona Kasten

Coldworth City
von Mona Kasten

Bewertet mit 3 Sternen

Das Buch besticht nicht durch neue Ideen, aber dadurch, dass ein bekanntes und bewährtes Konzept gelungen umgesetzt wird. Mädchen mit starken übernatürlichen Fähigkeiten aber traumatischer Vergangenheit trifft düsteren Typen aus Rebellengruppe – so weit, so bekannt. Das macht das Buch aber nicht schlecht, im Gegenteil, die Geschichte wird gut umgesetzt.
Wer Love Interest ist, war für mich vom ersten Satz an klar, aber die Liebesgeschichte entwickelt sich – relativ zu der Kürze des Buches – und taucht nicht aus dem Nichts aus. Die Liebesgeschichte läuft in erster Linie über die emotionale statt über die körperliche Ebene, was ihr eine gewisse Art von Tiefe gibt.

Eine andere gelungene Beziehung ist die zwischen Raven und ihrem Bruder Knox. Die Beziehung wirkt sehr authentisch, inklusive kleiner Streitereien. Die Autorin gibt sich dabei Mühe, Knox aus der platten Rolle der Funktion Geschwister zu lösen und ihm einen eigenen Charakter und eigene Handlungsmacht zu geben.
Raven selbst ist ein wenig impulsiv und rettet in ihrer Freizeit die Welt, indem sie nämlich ihre Fähigkeiten nutzt, um Verbrecher zu jagen. Was am Anfang auch für mich etwas merkwürdig klang, erhält schnell eine versteckte Intention und wird nachvollziehbar. Sie kann schnell aufbrausend sein, ist schlagfertig, aber auch durchaus intelligent. Ihre Gedankenprozesse, mit denen sie zu Entscheidungen gelangt, habe ich meist als nachvollziehbar empfunden. Die traumatischen Erfahrungen ihrer Vergangenheit sind stets präsent und haben Auswirkungen. Generell fand ich ihre Emotionen gut rübergebracht und sie war mir durchaus sympathisch.

Der größte Fehler des Buches ist vielleicht seine Kürze. Die Story ist abgeschlossen und funktioniert, aber sie bleibt ebenso wie viele ihrer Charaktere eher oberflächlich. Man merkt einfach, dass Potenzial für mehr drin gewesen wär – auch in Bezug auf den Plot. Gerade am Ende kamen viele Enthüllungen zu gehetzt und zu einfach – einfach in dem Sinne, dass hier Konflikte viel mehr hätten ausgearbeitet werden können, das lange Verdecken so sinnlos wirkte und angeteaserte Probleme gar nicht mehr den Raum haben, um zu entstehen. Was schade ist, weil einige durchaus interessant gewesen wären.
Auch ist die Geschichte durchaus sehr actionreich, spannend und lässt sich schnell durchlesen, aber auch hier kam mir das Ende fast ein wenig schnell vor. Es passt, aber es hätte auch mehr draus gemacht werden können. Ebenso hätten auch die Charaktere bei mehr Raum weiter ausgearbeitet werden können, denn auch sie und ihre Beziehungen untereinander haben viel Potenzial.

Besonders bemerkbar macht sich die Kürze bei dem World Building. Außer dem Namen und einer Einteilung in zwei Stadtbezirke erfährt man quasi nichts über Coldworth City. Vor allem aber erfährt man nichts über die Mutant*innen. Dabei werden auch hier Aspekte angestoßen – aber nie weiter verfolgt. Auch die Gesellschaftsordnung und die Politik dieser alternativen Welt bleiben im Dunklen.
Das alles fehlt komplett und das ist schade, weil so auch der*dem Antagonist*in nur eine platte Motivation gegeben wird und der*die Leser*in nichts über die Hintergründe erfährt, wodurch leider die ganze Welt flach bleibt, sodass das Buch nur eine spannende, aber oberflächliche Unterhaltung bietet – trotz viel Potenzial.

Fazit: Kein neues Konzept, aber eine gelungene Umsetzung und eine tiefgründige Darstellung der Beziehungen der sympathischen Protagonistin zu ihrem Bruder und dem Love Interest. Aufgrund der Kürze bleibt allerdings vieles oberflächlich, insbesondere das World Building und einige Konflikte.