Rezension

Hat durchaus gute Ansätze, konnte mich aber nicht völlig überzeugen

Die Unsterblichen - Chloe Benjamin

Die Unsterblichen
von Chloe Benjamin

Bewertet mit 3.5 Sternen

 "Die rishika weiß Sachen, aber sie kann sie nicht verhindern. Sie ist schließlich nicht Gott.“ S. 144

„Die Unsterblichen“ ist einer der Romane, um die ich sehr lange herumgeschlichen bin. Es wurde und wird auch immer noch von vielen Buchhändlern, Buchkritikern und Bloggern empfohlen, sodass man irgendwie zwangsläufig wenigstens das Cover des Buches kennt.
Als ich demnach auf den Klappentext und die zahlreichen positiven Stimmen anderer Autoren geblickt habe, dachte ich, dass dies auch definitiv ein Buch für mich werden würde. Im Vordergrund steht nämlich die Frage, ob es „das Schicksal“ gibt und wie man leben würde, wenn man seinen Todestag kennen würde und wie uns diese Antwort (eventuell) beeinflusst. Laut Nathan Hill (Autor von „Geister“ / engl. „Nix“) wird dem Leser dies aber „wunderschön, mitfühlend und heiter“ näher gebracht. Ehrlich gesagt kann ich dem nur bedingt zustimmen - insbesondere was den heiteren Teil anbelangt - und auch in der rückläufigen Betrachtung haben sich bei mir mehr negative Kritikpunkte verfestigt, als Anfangs angenommen.

"Die meisten Erwachsenen behaupten, sie würden nicht an Magie glauben, doch Klara weiß es besser. Aus welchem anderen Grund würden Menschen sonst sich verlieben, Kinder in die Welt setzen, Häuser kaufen, obwohl die Welt voller Beweise dafür ist, dass nichts von Dauer ist. Der Trick besteht darin, sie nicht zu bekehren. Der Trick besteht darin, sie so weit zu bringen, dass sie es glauben.“ S. 144

Aber fangen wir zunächst mit den Dingen an, die mir wirklich gut gefallen haben. Wie bereits angedeutet, bin ich absolut dafür zu haben, wenn ein Roman Fragen an das Leben und an die Beeinflussung dieses Lebens stellt. Wie würden wir leben, wenn wir wüssten wann wir sterben? Würden wir etwas anderes unternehmen, um jeglicher Gefahr an diesem Tag auszuweichen? Ist dies überhaupt möglich oder läuft alles darauf hinaus? Grundsätzlich greift der Roman diese Frage gut auf und spielt natürlich auch mit verschiedenen Szenarien beziehungsweise Denk- und Handlungsweisen, da wir diese Frage durch die vier verschiedenen Geschwister auf unterschiedliche Weise präsentiert bekommen. Jeder von ihnen hat eine ganz eigene Persönlichkeit, einen ganz speziellen Lebensstil, beschäftigt sich mit anderen Interessensgebieten und hat auch eine andere Einstellung der Familie gegenüber. Abwechslungsreich sind die Überlegungen zu dem Thema also durchaus. Einige Verknüpfungen zwischen den Lebensgeschichten der Geschwister funktionieren für mich ebenfalls und greifen auch gut ineinander über, dennoch hätte ich mir im Gesamtbild eine noch viel stärkere Auslegung des Themas gewünscht. Es gibt viele Denkanstöße und Andeutungen, die man aber letztlich nicht ganz greifen kann. Einerseits geschickt gemacht, da dem Leser vieles an der Interpretation selbst überlassen ist, andererseits schade, weil die Idee des „Unabwendbaren“ nicht so neu ist und ich mir persönlich einen gewissen zusätzlichen Funken gewünscht hätte, der mich wirklich in die Geschichte hineinzieht.

"Und wenn alles, was sie über den Tod gelernt hat, unwahr ist, vielleicht ist der Tod dann gar nicht der Tod.“  S.233

Von den vier Kapiteln, die jeweils eine Geschichte der vier Geschwister erzählen und ineinander übergehen, konnte ich leider nur mit zweien wirklich etwas anfangen. Klaras Geschichte war mein Favorit, da er die Idee des Romans für mich am besten wiedergespiegelt hat. Das Kapitel war spannend, emotional, spielte mit dem „magisch Übernatürlichen“ und war dennoch sehr menschlich, da ein großes Augenmerk auf die Angst des Menschen gelegt wird. Die anderen Kapitel waren im Großen und Ganzen ganz gut, hatten für mich aber zu wenig Wirkung. Jedes Kapitel greift ein anderes Thema bezüglich des Lebens auf, sprich in Überschriften so etwas wie: „Das Leben genießen“ oder „Das Leben als Gefängnis“, versucht aber zusätzlich Themen wie Homosexualität, Krieg, das Judentum und die Wissenschaft mit einzubeziehen. Auch hier kann ich die Intention und die Verknüpfungen durchaus verstehen und nachvollziehen, zum Ende hin war mir aber vieles zu gewollt. Es machte den Anschein, als müsse dies nun so erzählt werden, damit das irgendwie einen Sinn ergibt. Zu Beginn musste ich zusätzlich ein wenig mit den ganzen Passagen rund um sexuelle Anspielungen kämpfen, weil sie ebenfalls nur gewirkt haben, als hätte sich die Autorin gedacht „Sex Sells“. Das finale Kapitel hat mich dann letztlich einfach schon zu sehr an einen durchschnittlichen Hollywoodfilm erinnert - von allem irgendwie zuviel, sodass mein Gesamteindruck etwas eingedämmt wurde.

Insgesamt: Ein Roman mit einer interessanten Idee und für mich einer nur durchschnittlichen Umsetzung. Mich konnte ein Kapitel zwar gänzlich von sich überzeugen, die anderen drei gingen dabei aber etwas unter. Auch der Versuch so viele Thematiken und Verknüpfungen bezüglich des Alters, des Sterbens und des Schicksals unterzubringen, sorgte dafür, dass vieles unvollendet und gezwungen gewirkt hat. Die Geschichte hat durchaus Stärken, die der Roman für mich aber nicht durchgängig halten konnte. Zudem ist hier der Fortschritt der Geschichte deutlich stärker im Fokus, als die Wortwahl und Ausdrucksweise (in Anbetracht der Übersetzung).