Rezension

Historischer Roman nicht nur über Vlad Draculea

Der Teufelsfürst - Silvia Stolzenburg

Der Teufelsfürst
von Silvia Stolzenburg

Bewertet mit 4 Sternen

Der junge Vlad Draculea, Sohn des Woiwoden der Walachei. lebt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Radu als Geisel am osmanischen Hof in Edirne. Im Bemühen, Radu zu schützen, bringt er sich selbst in gefährliche Situationen und wird des Öfteren brutal bestraft. Schließlich lernt er, sich zu beherrschen, wodurch sich sein Leben extrem ändert.

In Ulm sieht sich derweil Zehra von Katzenstein als Hexe und Vatermörderin diffamiert und wird schließlich aus der Stadt verbannt. Außerhalb der Stadt gerät sie schnell in tödliche Gefahr und landet bei einer Sinti-Sippe, die sie mit auf eine Reise durch halb Europa nimmt.

Wer, wie ich, eine Art Romanbiografie über Vlad Daculea, der eine Art Vorbild für Bram Stokers „Dracula“ (aber natürlich kein Vampir) war ,erwartet, wird zunächst etwas enttäuscht sein, den Vlad taucht gerade zu Beginn des Romans nur sehr sporadisch auf. Später nimmt er eine größere Rolle ein, jedoch ist das Geschehen in und um Ulm und die Geschichte Zehras deutlich präsenter als seine Geschichte. Das liegt, laut Autorin, daran, dass seine frühe Geschichte nicht so bekannt ist, wie seine späteren Jahre, so dass wir wohl zumindest davon ausgehen können, dass die nächsten beiden Bände der geplanten Trilogie deutlich mehr über ihn erzählen werden.

Silvia Stolzenburg erzählt in gewohnt flüssigem und gut recherchiertem Stil zwei verschiedene Geschichten, die beide ihre eigene Art Spannung haben, die aber weit von einander entfernt zu sein scheinen. Lange Zeit fragt man sich, ob und wie die beiden Storylines sich treffen werden, und gegen Ende des Buches wird das dann durchaus zufriedenstellend gelöst. Durch die kurzen Kapitel und die Perspektivenwechsel wird zusätzlich Spannung aufgebaut.

Die Charaktere sind interessant gestaltet, vor allem an ihren Emotionen lässt die Autorin uns dezidiert teilhaben, selten habe ich in einem Buch so mitgelitten wie hier mit Zehra, Vlad, Sophia, Utz und Ulrich von Helfenstein. Vor allem Vlads Leiden sind sehr eindringlich dargestellt. Überhaupt beinhalten die Szenen um Vlad teilweise sehr explizite Gewalt, die sich aber aus dem Kontext ergibt und diesen Szenen durchaus auch Authentizität verleiht, und auch wenn diese Szenen historisch nicht belegt sind, kann man sich gut vorstellen, dass es so gewesen sein könnte und sie eine Erklärung für den späteren Vlad liefern könnten.

Der Roman baut teilweise auf der Ulm-Trilogie der Autorin auf, die ich noch nicht gelesen habe. Ich glaube, dass ich zum Teil ein tieferes Verständnis für die eine oder andere Person gehabt hätte, hätte ich die Bücher gekannt, z. B für Helwig von Katzenstein, die eine einfach nur abgrundtief böse Frau, deren Geschichte aber offenbar mit den Geschehnissen der Ulm-Trilogie verbunden ist oder auch Zehras Auren-Sehen, das ich in dieser Geschichte hier überhaupt nicht zuordnen konnte und auch unnötig fand, das aber möglicherweise etwas aufnimmt, dass man aus der o. g. Trilogie kennt. Ein bisschen schade, da hätte der eine oder andere Querverweis vielleicht nicht geschadet.

Mein Lieblingscharakter ist, neben Vlad, ganz eindeutig Utz, Zehras Bruder, der seine Probleme trotz seiner Jugend sehr gut gemeistert hat. Auch Ulrich von Helfenstein ist ein sehr interessanter Charakter, von dem man nie weiß, ob er nun eher gut oder eher böse ist. Zehra dagegen bleibt etwas blass, was schade ist, ist sie doch eine der wichtigsten Charaktere. Leider wurden auch die Sinti nicht besonders tiefgehend gestaltet, da hätte ich gerne mehr über ihren Hintergrund erfahren, so schienen sie eher eine Art Alibifunktion für Zehras Reise zu haben.

Wie es sich für einen guten historischen Roman gehört, gibt es auch hier einige Extras. Die Buchdeckel-Innenseiten schmückt eine Karte, mit der man nicht nur Zehras Reise verfolgen sondern sich auch Vlads aktuellen Standort vergegenwärtigen kann, auch das Namensverzeichnis ist sehr nützlich, hier sieht man u. a. auf den ersten Blick, welche Charaktere historische Persönlichkeiten sind und welche rein fiktiv. Weiterhin wird schon im Prolog, wie von der Autorin gewohnt, die damaligen historischen Gegebenheiten zusammengefasst, zudem gibt es ein Nachwort, in dem Silvia Stolzenburg uns über Fiktion und Fakten aufklärt sowie eine Bibliographie.

Insgesamt habe ich den Roman gerne gelesen und ich freue mich schon auf die Fortsetzung, denn ich bin sehr gespannt, wie die Geschichte weitergehen wird.