Rezension

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Hybride, die gejagt werden, ohne, dass man weiß, warum.

Twin Souls 01 - Die Verbotene - Kat Zhang

Twin Souls - Die Verbotene
von Kat Zhang

Ich liebe ja Dystopien, deshalb wanderte irgendwann auch dieses Buch in meinen virtuellen Einkaufswagen. In dieser Dystopien findet man sich in den Americas wieder, die vermutlich ein zukünftiges Amerika darstellen, das in einer durch vergangene Kriege neu geformten Welt liegt. Vermutlich, weil kaum etwas darüber beschrieben wird.

Jeder Mensch wird mit zwei Seelen in sich geboren – einer dominanten und einer rezessiven. Mit der Zeit, meist zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr stirbt bzw. verschwindet die rezessive Seele und der Mensch “findet Frieden”. Sogenannte Hybride, also Menschen, die keinen Frieden finden und weiterhin beide Seelen in sich tragen, werden in dieser neuen Welt unerbittlich gejagt, denn sie gelten als unberechenbar und gefährlich.

Addie und Eva haben nie Frieden gefunden. Die beiden teilen sich einen Körper, halten dies aber vor allen anderen geheim. Jeder in ihrem Umfeld denkt, Eva wäre bereits vor einigen Jahren verschwunden, niemand weiß, dass sie immer noch da ist – still, ohne Kontrolle, ohne Stimme. Addie spricht für beide, sie ist die Dominante und ihr gehört der Körper.

Sie schaffen es, alle zu belügen, ihr Geheimnis für sich zu behalten  – seit Jahren hat Eva ihren Namen nicht mehr gehört. Bis zu dem Tag, als sie von ihrer Mitschülerin Hally zu ihr nach Hause eingeladen werden. Die Geschwister Hally/Lissa und Devon/Ryan, selbst Hybride, haben heraus gefunden, was Addie geheim hält.

 

>>Addie?<<, sagte Lissa. Und dann, nach einer langen Pause, zögernd: >>Eva?<<

>>Nicht.<< Das Wort explodierte in unserer Brust, brannte sich einen Weg unsere Kehle hinauf und traf die Luft wie ein sich entladener Blitz. >>Nicht. Sprich ihn nicht aus.<< Der Schmerz riss eine klaffende Wunde in unser Herz. Wessen Herz?

 Zitat Ebook S. 38-39

 

Addie und Eva haben panische Angst, denn die Anti-Hybrid-Propaganda des Landes funktioniert und die Hybride müssen um ihr Leben fürchten, wenn man ihre Existenz heraus findet. Und als hätte man es nicht geahnt – durch die Bekanntschaft mit den Hybrid-Geschwistern wird eine Reihe von Geschehnissen in Gang gebracht, die damit enden, dass alle drei/sechs, Addie/Eva, Hally/Lissa und Devon/Ryan in eine Art Krankenhaus gebracht werden, aus dem sie den Rest des Buches eine Fluchtmöglichkeit zu finden versuchen.

Bis zu dem Punkt, ab dem die Geschichte in der Klinik spielt, fand ich das Buch wirklich gut. Ich mochte die Idee und fühlte mich irgendwie an “Seelen” von Stephenie Meyer erinnert. Die Panik entdeckt zu werden, die Art und Weise, wie Addie und Eva den Alltag meistern, die wir-Schreibweise des Buches – das alles passte super zusammen und war einigermaßen spannend.

Zwar war mir Addie von Anfang an unsympathisch, weil eingebildet und egoistisch und Eva zu farblos, weil sie alles mit sich machen ließ – aber ich verknüpfte es mit der jeweiligen Rolle im Buch und sagte mir: Das muss so, sie sind schließlich dominant und rezessiv. In den Szenen, in den Eva langsam mehr Kraft und Kontrolle gewinnt und die beiden zumindest ebenbürtiger werden, wenn auch nicht komplett die Rollen tauschen, fing ich an, die beiden etwas mehr zu mögen. Wirklich warm wurde ich aber nicht mit ihnen.

Die zwei Drittel, die sich bis zum Ende des Buches in der Klinik abspielen, erinnerten mich an “Der goldene Kompass” von Pullman, und die Szene, in der Lyra von Pantalaimon voneinander getrennt werden sollen. Nichts neues also, alles irgendwie vorhersehbar. Das Buch plätscherte vor sich hin, und obschon es ein, zwei starke Szenen gab, hat mich die Story nicht wirklich vom Hocker gerissen.

In der ersten Hälfte des Buches glänzt Zhang neben einigen Story-Elementen vor allem mit ihrer Art zu schreiben. Die Wir-Form lag mir gleich ganz passend auf der Zunge und einige Sätze fand ich so klasse, dass ich sie mir in mein Buchzitatebuch geschrieben habe. Im hinteren Teil des Buches gab es das leider nicht mehr so recht, für mich wirkte alles nur noch husch-husch-keine Zeit für schriftliche Schönheit.

Am meisten gestört hat mich allerdings, dass man quasi keine Hintergrund-Informationen bekommt. Warum jagt man die Hybride? Wie funktioniert die Gesellschaft? Was gibt es außerhalb der Americas? Wie kam es zu den Kriegen? Was ist dabei passiert? So was. Ein Gerüst, in das die Handlung rund um Addie/Eva und ihre Freunde eingebettet ist. Ich bin so, ich brauche das, um mir alles richtig vorstellen zu können.

Vielleicht hatte ich einfach zu viele Vergleichsbücher im Kopf, an denen ich mich orientiert habe, vielleicht glänzt die Story aber auch erst im zweiten Band mit voller Power und der erste Band diente einzig der Einstimmung.

Alles in allem konnte mich “Twin Souls – Die Verbotene” nicht wirklich überzeugen. Den zweiten Band werde ich lesen, denn die Idee des Ganzen finde ich eigentlich recht interessant. Aber den Sprung vom Ebook zum Hardcover im Regal werden Addie und Eva leider nicht schaffen, dafür hat mich das Buch nicht genug geflasht.