Rezension

Im Kampf gegen die eigene Verletzlichkeit

Die Kriegerin -

Die Kriegerin
von Helene Bukowski

Bewertet mit 4 Sternen

Lisbeth und "die Kriegerin" lernen sich in ihrer Grundausbildung bei der Bundeswehr kennen. Die Erfahrungen beim Militär verbinden sie genauso miteinander wie ihre Liebe zur Ostsee. Doch während wenige Jahre später die Kriegerin noch immer Soldatin ist, ist Lisbeth früh ausgestiegen, arbeitet nun als Floristin, hat Partner und Kind. Und hält dieses Leben nicht mehr aus. Als sie aus ihrer gemeinsamen Wohnung in Berlin an die Ostsee flieht, begegnet sie der Kriegerin wieder und die beiden werden zu Sparringspartnerinnen im Kampf gegen ihre eigenen Dämonen.

In erster Linie ist dieser Roman eine Auseinandersetzung mit Verletzlichkeit, insbesondere im Soldatinnenberuf. Beide Frauen sind besessen von dem Gedanken, durch einen gestählten Körper, das Überziehen der Uniform und eine Ausbildung an der Waffe geschützt zu sein vor allem, was da draußen an Gefahren lauert. Und doch sind da die Verletzungen, die jeden Schutz durchbrechen, die ins eigene Ich eindringen und den Kern der Identität bedrohen. Lisbeths Schutz nach außen ist besonders fragil, sie kann sich nur schwer von den Gefühlen anderer abgrenzen, spürt deren Lasten auf ihren Schultern, träumt nachts fremde Träume und kämpft fremde Kämpfe, was sich daran bemerkbar macht, dass ihre Haut, der sinnbildliche Schutz nach Außen, rebelliert.

Die Bedeutung der eigenen Haut ist nur eins von vielen wiederkehrenden Motiven im Buch, da ist auch das Meer, da sind die Steine in der Hosentasche, die nächtlichen Träume - ein gestalterisches Element, was mir sehr gut gefallen hat. Helene Bukowski gelingt es eindrucksvoll, die Auswirkungen von Traumata sichtbar zu machen. Sie schreibt klar, distanziert, einfach lesbar, erzählt nicht linear und baut so eine geheimnisvolle Stimmung auf, die erst durch Rückblenden und Briefe langsam aufgelöst wird. Spannend ist auch eine wesentliche Leerstelle im Roman: die Mutter, die ihr Kind verlässt, wird in keinster Weise aufgearbeitet und löst wahrscheinlich gerade dadurch unheimlich viel bei den Lesenden aus. Was mir allerdings zu kurz gekommen ist, sind die Verletzungen selbst und die innerpsychischen Verbindungen, auf den wir den beiden Frauen folgen, es bleibt vieles unbeleuchtet. Im letzten Drittel wird es mir persönlich außerdem ein wenig zu abstrus - und damit meine ich nicht die rosa Papageien über Berlin. Etwas mehr Stringenz hätte mir gut gefallen, insgesamt jedoch ein Buch mit einem absolut starken Thema!