Rezension

In einen Künstlerkreis hineingeboren

Samuels Buch -

Samuels Buch
von Samuel Finzi

Bewertet mit 4 Sternen

Unterhaltsam.

Samuel Finzi erzählt in seinem autobiographischen Roman „Samuels Buch“ in locker gefügten Anekdoten von seiner Kindheit und Jugend im sozialistischen Bulgarien, von der Künstler-Familie, von der Schule, den Freunden, vom Urlaub, vom Kino, von der Zeit beim Militär, von der Schauspielschule bis hin zu seiner Übersiedlung nach Berlin, um an einem Schauspielprojekt teilzunehmen und zugleich dem zu eng gewordenen Bulgarien den Rücken zu kehren.

In leichtem Plauderton gewährt der Schauspieler und jetzt auch Autor Finzi aus der Sicht eines neugierigen, aufgeweckten Jungen Einblick in seine Familiengeschichte, bereits der Großvater ist Musiker, die Mutter Pianistin, der Vater Schauspieler, aber auch in die Geschichte Bulgariens, Sattelitenstaat der Sowjetunion, kommunistisch geprägt, von der Stasi überwacht. So manche Freiheiten sind dem jungen Finzi zwar gewährt, kann er doch mit seiner Familie eine Urlaubsreise über Italien nach Paris machen, wohin es Teile der jüdischen Familie verschlagen hat. Auch seine schulische Karriere ist eher die Ausnahme als die Regel: Besuch einer experimentellen weiterführenden Schule, bei dem er engen Kontakt zur Enkelin des Staatschefs gewinnt, dann einer Schule für alte Sprachen, mit der er auf Exkursion in Griechenland ist, um Ausgrabungen zu unterstützten. Darüber hinaus ermöglichen die Kontakte in die Künstlerszene, die Besuche von Konzerten und Theateraufführungen des Vaters, aber auch die Liebe zum Kino Blicke in die weite Welt, die stark kontrastiert mit der Enge des sozialistischen Alltags, die ihren Höhepunkt in seinem Militärdienst erreicht. Kein Wunder, dass es den Erzähler in die Freiheit drängt.

Neben allerlei teils lustigen, teils erstaunlichen Geschichten aus der Familie Finzi mit und ohne t erfährt der Leser auch immer wieder interessante historische Details aus der Geschichte Bulgariens, seiner politischen Entwicklung, des Schicksals der jüdischen Bevölkerung, die ursprünglich von Spanien kommend unter stalinistischem Terror auch wieder in alle Welt verstreut wurden, aber auch aus der Geschichte des Kinos und aus der Mentalitätsgeschichte eines Jugendlichen, der sich nicht von kommunistischer Doktrin den Blick verstellen lässt auf die Vorzüge einer kapitalistischen Welt, angefangen von Adidasschhuhen bis hin zum Erotikkinobesuch auf Klassenfahrt.

Unterhaltsam, amüsant, lehrreich und kurzweilig zu lesen, wenn man das Anekdotische mag, das bewusst auf so etwas wie Vollständigkeit und vertiefte Zusammenhänge verzichtet und in diesem Zusammenhang vielleicht bisweilen doch ein wenig auf Vorkenntnisse setzt.