Rezension

Lebendige Erinnerung

Samuels Buch -

Samuels Buch
von Samuel Finzi

Bewertet mit 5 Sternen

In eindrucksvoll bildhafter Sprache, schreibt Samuel Finzi, so klar, präzise und lebendig von seiner unbeschwerten Kindheit, einprägsamen Jugend und dem Entschluss, das Land der „unbegrenzten Unmöglichkeiten“ zu verlassen und irgendwo hinzugehen, „wo es nicht so grau, hässlich und monoton“ ist. Zu groß war die Sehnsucht nach Individualität und das Eingeengtsein im kleinen Land. 

Samuel Finzi erzählt von dem sozialistischen Bulgarien, in dem er aufgewachsen ist und der politischen Aussichtslosigkeit. Über die 70er und 80er erstreckt sich sein Roman, der endet, als er - kurz nach dem Mauerfall - in Berlin einreist. Bis dahin erzählt Samuel Finzi Anekdoten darüber, wie er fast erblindete, seine Großmutter Mathilda seinen unbedarften Spaß ausbadete, er der bulgarischen Volksarmee beitreten musste und aus der Not heraus Schauspieler wurde. Er erinnert sich an unbeschwerte Sommer am Meer, inmitten einer großen Gemeinschaft aus Familie, Verwandten und Freunden und der ersehnten Reisegenehmigung, die alles veränderte. 

Der kleine neugierige Sami hat mich begeistern können, wie er alles aufsaugt und bewahrt, natürlich auch skeptisch hinterfragt. Ich mochte die Ausschmückungen seiner Erinnerungen, die ihn in seiner Berliner Wohnung überkamen, als er den Boden betrachtete. Ich konnte mir das Künstlermilieu sehr gut vorstellen. Der Vater, als berühmter Schauspieler und die Mutter als Pianistin, wie sie vor einem Konzert stundenlang am Klavier spielt. Beide exzentrisch, die Mutter leicht entflammbar, der Vater eigensinnig in seiner Auswahl der Mahlzeiten. Das Leben schreibt die besten Geschichten.  

Fazit: Ein lesenswerter autobiografischen Roman über Familie, Heimat und das Erwachsenwerden, der mit Witz, Wärme und einem eindrucksvollen Schreibstil überzeugt.