Rezension

Interessanter Roman über die malayische Geschichte, der mich emotional nicht erreicht hat

Nach uns der Sturm -

Nach uns der Sturm
von Vanessa Chan

Bewertet mit 3 Sternen

1935, Kuala Lumpur, britisch besetzes Malaya: Cecily ist mit Gordon, einem Verwaltungsbeamten in der britischen Besatzungsverwaltung, verheiratet und hat zwei Kinder. Durch ihre gemischte portugiesisch-malaysische Abstammung haben sie eine helleres Erscheinungsbild als ihre Mitmenschen und werden so von der britischen Gesellschaft auf ihren Anlässen eher geduldet und haben leichteren Zugang zu verschiedenen Privilegien als ihre Landsmenschen. Als Cecily auf einem dieser Anlässe Bingley Chan kennenlernt, verändert sich ihr langweiliges Hausfrauendasein schlagartig. Gemeinsam arbeiten sie daran, die lästige britische Herrschaft loszuwerden und endlich zu einem selbstbestimmten Asien zurückzufinden. Zehn Jahre später ist von Cecilys Tatendrang wenig übrig. Malaya leidet nun massiv unter der japanischen Kolonialisierung. Der 15-jährige Sohn ist verschwunden, die älteste Tochter wird zunehmend wütender und die jüngste Tochter wird im Keller versteckt, um nicht als Trostfrau in einem der japanischen Bordelle zu landen. Cecily fühlt sich schuldig und ihre Familie darf nie erfahren, warum.

Der vorliegende Roman greift wie viele andere die Epoche des Zweiten Weltkriegs auf, widmet sich aber einmal einer völlig anderen geographischen Region und beleuchtet das Schicksal damaliger europäischer Kolonien und deren Einwohner. Die politischen Entwicklungen und Auswirkungen werden gut verständlich dargestellt. Interessant sind auch die kulturellen Regeln und Verhaltensweisen. Mit der Geschichte um Cecilys Familie werden viele Themen berührt und verschiedene Schicksale beispielhaft nachgezeichnet. Emotional konnte mich die Geschichte trotz der vielen Schicksalsschläge und Tragödien nicht wirklich erreichen. Keine einzelne der Figuren bot Identifikationspotential oder wirkte durchweg sympathisch. Am bemitleidenswertesten wirkte noch der Sohn, doch etliche Gewaltszenen machten auch hier ein dauerhaftes Mitfühlen unmöglich. Die Hoffungs- und Trostlosigkeit mag realistisch sein, gerade unter dem Aspekt, dass der Wechsel der Kolonialmacht die Situation für die Einwohner noch deutlich schlimmer machte, Dennoch hat mich die düstere Stimmung, die sich durch die Geschichte zog, ziemlich heruntergezogen. Zwischenzeitlich war mir die Leselust völlig abhandengekommen und ich habe das Buch tagelang beiseite gelegt. Auch wenn der Roman einen sehr interessanten Aspekt der Weltgeschichte behandelt, die Zerstörung einer ganzen Familie intensiv behandelt und die Folgen von Imperialismus aufzeigt, könnte mich die Geschichte dennoch emotional nicht wirklich erreichen. Auch wenn die Perspektiven gut konstruiert waren, und zwischen den Zeiten und Familienmitgliedern wechselten, waren mir die Figuren zu holzschnittartig, um intensiv mit ihnen mitzufühlen.