Rezension

Bewegender historischer Roman

Nach uns der Sturm -

Nach uns der Sturm
von Vanessa Chan

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die mittlerweile in den Vereinigten Staaten ansässige Autorin Vanessa Chan hat malaysische Wurzeln und erzählt in ihrem ersten Roman von einer dunklen Zeit in ihrer Heimat. Es geht um die Jahre 1936-1945, in denen vieles passiert ist in -damals noch- Malaya. Bis in die 1930er Jahre eine britische Kolonie, wächst der Wille in der Bevölkerung, sich zu emanzipieren und unabhängig von der Kolonialmacht zu werden. Insbesondere mit Hilfe der Japaner soll dies gelingen.

Cecily ist dreifache Mutter und Ehefrau, die in den 1930er Jahren den starken Drang verspürt, aktiv an dieser „Befreiung“ Malayas mitzuwirken. Heimlich trifft sie sich mit einem einflussreichen japanischen Offizier und beginnt ihren Mann auszuspionieren, der für die britischen Kolonialherren arbeitet, immer „das Gute“  im Blick, das sie bewirken will.

1945 ist Malaya von den Japanern besetzt, welche die Bevölkerung aufs Brutalste unterdrücken. Cecilys  Sohn Abel  wird in einem Straflager misshandelt. Ihre kleine Tochter Jasmin muss sich als Junge verkleiden, weil sonst die Mitnahme in ein Kriegsbordell droht. Dann  verschwindet auch sie plötzlich. Die älteste Tochter Jujube arbeitet in einem Teehaus, ist verzweifelt und will ihre kleine Schwester finden.

Es sind schlimme, ausweglose Zeiten in diesem Zweiten Weltkrieg, auch an Orten auf der Welt, die man für gewöhnlich nicht so sehr auf dem Schirm hat. Abwechselnd werden diese Zeiten aus der Sicht der Kinder und aus Cecilys Sicht beschrieben. Hier wird gnadenlos dargestellt, wie die Bevölkerung gelitten hat, wie sie misshandelt und unterdrückt worden ist durch die japanischen Besetzer. Streckenweise – insbesondere im Straflager – ist es wirklich kaum zu ertragen.  Der Erzählstil ist dennoch mitreißend. Vorallem aber sehr berührend und aufwühlend.

Jedoch muss ich gestehen, dass es Szenen gibt, die mir zu dick aufgetragen sind. Insbesondere, wenn Cecily  gemeinsam mit dem Offizier Pläne schmiedet, driftet es mir (unnötig!) zu sehr ab ins Triviale. Die Schlussgestaltung fühlt sich arg konstruiert an, und dass Abel, der zuvor von literweise Palmwein betäubt im Straflager dahinvegetiert ist, plötzlich eine lange Reise auf sich nehmen kann, ist mir ein Rätsel.

Diese Kritikpunkte ändern aber nichts daran, dass ich den Roman „Nach uns der Sturm“ sehr gern gelesen habe. Die damals politische und gesellschaftliche Situation wird gut dargestellt, die Charaktere sind tiefgründig und (meist) sehr authentisch gezeichnet in ihrer Zerrissenheit und Verzweiflung. Mich hat der Roman sehr bewegt und ich empfehle ihn – mit kleinen Abzügen – gern.