Rezension

Interessantes Einwandererschicksal in New York

Eine eigene Zukunft - María Dueñas

Eine eigene Zukunft
von María Dueñas

Bewertet mit 3.5 Sternen

INHALT

1936 holt der Vater die drei Töchter nach, aus der andalusischen Provinz mitten hinein in die Hauptstadt der Welt: New York. Hier sollen sie im Restaurant helfen. Zu Beginn ist New York eine einzige Überwältigung. Doch als der Vater bei einem tragischen Unfall ums Leben kommt, wird die Stadt für die Schwestern schnell zur Bedrohung, denn das Geld reicht kaum zum Überleben.
Wie sollen sie für sich und ihre lebensuntüchtige Mutter aufkommen?
Victoria, Mona und Luz verzagen nicht, die jungen Frauen haben eine Idee: Warum verwandeln wir das väterliche Restaurant nicht in einen eigenen Nachtklub, in einen Ort für die vielen spanischen Migranten, mit Gesang, Tanz und Unterhaltung?
Gemeinsam begeben sie sich auf ein verwegenes Abenteuer in den Häuserschluchten Manhattans. Sie begegnen der Liebe, verfallen der Leidenschaft für die Musik und kosten den süßen Geschmack der Unabhängigkeit zum allerersten Mal …

(Quelle: Insel Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit ihrem neuesten historischen Roman „Eine eigene Zukunft“ hat die spanische Autorin María Dueñas ein bewegendes Familienepos verfasst über das Schicksal dreier Schwestern einer spanischen Einwandererfamilie in New York und ihren hart erkämpften Neubeginn in der Fremde in den späten 1930iger Jahren. Trotz hochinteressanter Thematik, stimmigen historischen Flairs und eines beeindruckenden Schreibstils konnte mich der Roman leider mit seinem Handlungsverlauf wenig überzeugen und ließ mich etwas enttäuscht zurück.

In vielen Episoden beschreibt Dueñas sehr eindringlich und anschaulich, wie die drei Schwestern Mona, Victoria und Luz nach dem tragischen Unfalltod des Familienoberhauptes Emilio Arenas gemeinsam mit ihrer recht lebensuntüchtigen Mutter völlig auf sich allein gestellt, der englischen Sprache nicht mächtig und nahezu mittellos versuchen, sich durchzuschlagen, in einem völlig fremden Land Fuß zu fassen und schließlich ihre eigene Zukunft in die Hand zu nehmen.

Sehr realistisch und lebendig fängt die Autorin das unnachahmliche Flair der Weltstadt New York in den 1940ger Jahren ein, ein faszinierender Schmelztiegel der Kulturen und unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und gibt interessante Einblicke in die historischen Hintergründe. Im turbulenten Manhattan begegnet der Leser all den hoffnungsvollen Einwanderer aus allen Herren Länder, die sich und ihren Kindern den „American Dream“ ermöglichen wollen, von einem besseren, sorgenfreien Leben in Freiheit und Wohlstand träumen und schließlich in der ernüchternden Realität ankommen. Geschickt zeigt sie auch die die Spannungen zwischen den verschiedenen ethnischen Einwanderungsgruppen auf und zeichnet sehr anschaulich, die zahlreichen Schwierigkeiten und Herausforderungen nach, mit denen die Immigranten im Alltag zu kämpfen haben. Auch die entwurzelte Familie Arenas findet bei ihrem verzweifelten Überlebenskampf in der feindseligen Großstadtmetropole Rückhalt und Unterstützung in der spanischen Einwanderer-Gemeinschaft.

Die Protagonistinnen sind von Dueñas sehr differenziert und einfühlsam charakterisiert und die Persönlichkeiten der drei Arensa-Schwestern vielschichtig und lebendig ausgearbeitet. Mit der ältesten konfliktscheuen Victoria, über die anpackende, pragmatische Mona bis hin zur etwas naiven Luz, die vom Ruhm träumt und sich stets mit den falschen Männern einlässt, hat sie für die drei jungen Frauen sehr unterschiedliche, interessante Charaktere entworfen. Jede von ihnen durchlebt eine andere Entwicklung und hat so manche Enttäuschung und Rückschläge auf ihrem Lebensweg durchzustehen. Sehr fesselnd ist es ihr Schicksal mitzuverfolgen und schließlich mitzuerleben, wie diese Frauen ihren Alltag meistern, allmählich ihr neues Leben in Selbstständigkeit angehen und ihr Glück in der neuen Heimat finden, auch wenn ich mir manches Mal bei ihnen ein wenig mehr Kampfgeist, Mut und Tatkraft gewünscht hätte. Sehr schön ist es mitzuerleben, wie die Niederlagen und gemeinsam angepackten Hürden ihren Familienzusammenhalt stärken und sie zusammenschweißen.

Der Einstieg in das wendungsreiche und wechselvolle Familienepos ist dank des mitreißenden, atmosphärisch dichten und wortgewaltigen Schreibstils der Autorin sehr vielversprechend. Die vielen eingeflochtenen, abschweifenden Nebengeschichten und unzähligen Nebenfiguren wirken allerdings etwas verworren und überladen. Für meinen Geschmack machten sie den Handlungsverlauf recht unübersichtlich und ließen zeitweise deutliche Längen aufkommen.

FAZIT

Ein eindrucksvoller historischer Roman mit stimmigem historischen Flair und ein bewegendes Familienepos über das Schicksal dreier Schwestern einer spanischen Einwandererfamilie in New York, das mich allerdings nicht völlig überzeugen konnte.