Rezension

Auswandererschicksal in New York

Eine eigene Zukunft - María Dueñas

Eine eigene Zukunft
von María Dueñas

Bewertet mit 3 Sternen

>> Unter gar keinen Umständen war Remedios bereit zuzulassen, dass sich ihre Töchter in dieser Form amerikanisierten. >>
Ihr Vater war ein Lebemann, in der weiten Welt zuhause, aber nie bei seiner Frau und den drei Töchtern in Andalusien. Doch eines Tages holt er seine Familie nach New York. Er hat beschlossen endlich sesshaft zu werden und seinen Traum von einem Speiselokal zu verwirklichen. Nichts besonderes, aber gemütlich, hier soll sich die Arbeiterklasse im Auswandererviertel Manhattans nach einem harten Tag zusammenfinden. Doch "El Capitano" läuft schlecht, die Familie sieht gar nicht ein sich zu integrieren, ist motzig und will nach Hause. Und als dann Emilio bei einem Unfall überraschend stirbt, stehen sie vor dem Nichts. Entscheidungen müssen getroffen werden, fährt man zurück oder baut man sich in New York ein Leben auf....
Maria Duenas gehört zu meinen spanischen Lieblingsschriftstellerinnen. Sie verpackt historische Themen in spannende, leichtfüßige Geschichten mit sehr lebendigen, authentischen Charakteren und bleibt dabei doch literarisch anspruchsvoll. In ihrem neusten Roman ist ihr das, meiner Meinung nach, nicht ganz so gut gelungen. 
Dabei ist er inhaltlich unheimlich interessant und sehr realistisch geschrieben. Eine Familie kämpft ums Überleben, in einem Land deren Sprache sie nicht spricht und in dem sie sich auch eigentlich gar nicht heimisch fühlen will. Im Auswandererviertel hält man zwar zusammen, aber es gibt nicht nur Gutgesinnte. 
Ich hatte die Gesellschaftsschichten und das New York in den 40igern ganz klar vor Augen. Man fühlt sich direkt hineinkatapultiert in die Geschichte, ins Armenviertel mit seinen Bewohnern, die Möglichkeiten Arbeit und einen Mann zu finden usw. Und auch die kurzen geschichtlichen Einblicke haben mir gefallen, obwohl die sehr im Hintergrund stehen.  
Es lag für mich eher an den Charakteren.
Die einzig sympathische Person, Emilio, neben einer ganz besonderen Nonne, starb auf den ersten Seiten. Damit hatte ich anfangs auch kein Problem, da er ein so typischer Duenas-Charakter war, dachte ich noch, seine Töchter tauen schon irgendwann auf. Aber ich bekam nur schwer Zugang zu ihnen und kam ihnen bis zu Schluss auch nicht wirklich nahe. Sie waren mir unsympathisch mit ihrer Überheblichkeit, der Ich-Bezogenheit, dem Schreien, Keifen, Zetern und Brüllen. Ich habe keine starken Charaktere, sondern eher starrsinnige Weiber in ihnen gesehen. Und dadurch konnten sie mein Interesse für ihre Lebensgeschichten nicht so richtig wecken. 
Zudem kommen auf diesen 600 Seiten unzählige Personen vor, die dann gar nicht alle für die Geschichte eine Rolle spielen. Ich habe eigentlich kein Problem mit solch einer Vielzahl, wie man sie aus historischen Romanen kennt, aber hier fand ich es oftmals nur wuselig und wenig zielführend. 
Fazit: Ein an sich guter Roman über den Kampf einer Auswandererfamilie 1936 in New York, deren Hauptcharaktere mich leider nicht erreicht haben. Ich habe mir einen spannenderen Weg für sie vorgestellt, einen mit Herzblut geführten Kampf um einen Platz in dieser Welt.