Rezension

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lesenswert, mit kleinem Kritikpunkt

Sündenbock - Judith Arendt

Sündenbock
von Judith Arendt

Bewertet mit 4 Sternen

Hat Jürgen Dombroschke seine an Parkinson erkrankte Frau Margit vergiftet?

Warum sonst sollte er ihren Leichnam in der gemeinsamen Wohnung verstecken, ohne die Polizei oder einen Krankenwagen zu verständigen?!

Während für den Mitschöffen Dieter Dehmel die Schuldfrage eindeutig geklärt ist, hält Ruth Holländer diese Version der Geschehnisse für zu einfach und forscht weiter nach – selbst gegen den Rat von Staatsanwalt Eisenrauch.

Doch erst als sich Dombroschkes Freund Jürgen an Ruth wendet, kommt Licht ins Dunkel.

„Sündenbock“ ist der zweite Fall für die Schöffin Ruth Holländer aus der Feder von Judith Arendt - gut erkennbar an der Ähnlichkeit des Covers zu „Unschuldslamm“. Etwa ein Jahr nachdem Ruth zur Schöffin berufen wurde, bekommt sie es mit einem Gattenmord zu tun. So sieht es jedenfalls aus. Doch Ruth wäre nicht Ruth, würde ihr etwas an der Sache nicht komisch vorkommen.

Auch in ihrem Privatleben geht es drunter und drüber: Ihre Tochter Annika bändelt mit Ruths Aushilfe aus dem Bistro an, Lukas will für eine Ausbildung zu seinen Großeltern ziehen und Staatsanwalt Hannes Eisenrauch – zur Zeit Ruths „Lover“ - hat Ärger mit seiner Ehefrau.

Wieder hat mir der Schreibstil der Autorin wirklich gut gefallen. Judith Arendt schreibt flüssig und interessant, sodass die Seiten beim Lesen nur so dahingeflogen sind. Und auch Ruth als Protagonistin ist eine patente Frau, die mir sympatisch ist. Jedoch fand ich dieses Mal, dass der private Part – einerseits Ruths Probleme im Bistro, für die sie nicht einfach das Gericht verlassen kann, was sie aber am liebsten getan hätte, andererseits die häuslichen Schwierigkeiten mit den heranwachsenden Kindern und Ruth Beziehung zum Staatsanwalt Eisenrauch – einen zu großen Raum eingenommen haben, um bei „Sündenbock“ noch von einem Kriminalroman sprechen zu können. Ich bekam ein wenig das Gefühl, die Gerichtsverhandlung würde quasi nebenbei laufen, anstatt den Löwenanteil der Geschichte auszumachen.

Nichtsdestotrotz war ich gespannt, zu erfahren, warum Jürgen Dombroschke während des Prozesses so beharrlich schweigt und damit riskiert, für lange Jahre ins Gefängnis gehen zu müssen. Ein plötzliches Ende erfährt das Verfahren zudem, als sich der zweite Laienschöffe offen als voreingenommen herausstellt „....aber jetzt geben Sie das doch endlich zu. Dann können wir endlich nach Hause gehen!“ ( S. 133) und der Prozess ausgesetzt werden muss. Das gibt Ruth Zeit, um sich in der Laubenkolonie, in der das Ehepaar eine Parzelle besitzt, in Ruhe umzusehen.

Natürlich habe ich mir beim Lesen auch Gedanken über den tatsächlichen Hergang gemacht und lag mit einer Vermutung zumindest teilweise richtig. Das gesamte Ausmaß der Tragödie konnte aber auch ich nicht erfassen.

Und trotz des Kritikpunktes Privatleben freue ich mich darauf, mehr von und über Ruth Holländer zu erfahren.