Rezension

Mitten unter uns....

Die andere Hälfte der Hoffnung - Mechtild Borrmann

Die andere Hälfte der Hoffnung
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

….und doch so unsichtbar. Dieser Kriminalroman handelt von Tschernobyl, Prostitution, Menschenhändler, Korruption und so vielem mehr.

Obwohl es als Krimi deklariert ist, ist dieses Buch viel mehr.

Eigentlich ist der Krimi, zumindest für mich, die Nebensache. Viel beeindruckender war für mich das Niederschreiben der Gedanken und Erinnerungen von Walentyna.

Walentyna wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Tochter Kateryna. Sie ist nach Deutschland ausgewandert, wie viele andere Studentinnen auch. Walentyna lebt in der Entfremdungszone.

An einem kleinen Tisch sitzt sie in ihrer feuchten Stube und wartet. Sie findet ein Heft, das sie ihrer Tochter als Tagebuch geschenkt hatte. Die Seiten sind noch leer und so beginnt sie mit dem aufschreiben ihrer Lebensgeschichte.

Diese Lebensgeschichte ist für mich deshalb so beeindruckend und erschütternd, weil sie nicht im ersten oder zweiten Weltkrieg passierte, den ich nur aus Erzählungen kenne. Deshalb aber nicht an Grausamkeit verliert!

Aber Walentynas Geschichte spielt in einer Zeit, die viele von uns bewusst miterlebt haben. Das Reaktorunglück in Tschernobyl!

Es wurde wie so vieles wahrgenommen, kurze Zeit darüber gesprochen, Vorsichtsmaßnahmen ergriffen und dann kam der Mantel des Verdrängens und Vergessen.

Doch an die Menschen, die direkt mit dieser Katastrophe konfrontiert wurden und an die Spätfolgen denkt heute kaum einer mehr.

Mir hat dieses Buch eine Gänsehaut nach der anderen beschert. Die Naivität der Menschen, das herunter spielen der Katastrophe, die Krankheiten und Veränderungen, die Entwurzelung, die Vorurteile und Ablehnungen.

Mütter, die ihren Töchtern einen besseren Start ins Leben ermöglichen wollen und sie geradewegs in die nächste Katastrophe schicken. Und dann gibt es einen Ermittler der sich trotz aller Widerstände und Fallen die man ihm stellt es sich zur Aufgabe gemacht hat Kateryna und ihre Freundin zu finden.

Mechtild Borrmann hat es geschafft mich auf eine Art und Weise zu berühren, wie es nur sehr selten gelingt. Die Recherche muss sehr aufwendig und bestimmt auch sehr emotional gewesen sein. Man spürt es in jeder Zeile dieses Romans.

Kein Kriminalroman im klassischen Sinne sondern mehr ein Krimi den das wahre Leben geschrieben hat.

Ich kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen und sagen, dass es zu Recht für den Friedrich-Glauser Preis 2015 nominiert ist.