Rezension

Retro Mistery

Mord in der Charing Cross Road -

Mord in der Charing Cross Road
von Henrietta Hamilton

Mord in der Charing Cross Road von Henrietta Hamilton entführt seine Leserschaft in das London der Nachkriegszeit, in ein renommiertes kleines Antiquariat, in dem sich ein mysteriöser Todesfall ereignet. Der unliebsame Mr. Butcher wird tot an seinem Schreibtisch aufgefunden, von hinten erstochen und dem milden Ausdruck der Überraschung auf seinen erkalteten Zügen. Von einem Täter keine Spur. Es müssen sich doch irgendwo Spuren finden lassen, ein Geist kann es schließlich nicht gewesen sein! – oder doch? Gemeinsam mit ihrem Chef Johnny Heldar geht Sally Merton den rätselhaften Begebenheiten um das Ableben ihres Kollegen auf den Grund.
Der Schreibstil war angenehm und leichtgängig zu lesen, hält sich nicht mit ausschweifenden Beschreibungen auf und kreiert trotzdem ein authentisches Bild der Zeit. Ich habe mich in der Atmosphäre des Antiquariats sehr wohlgefühlt und es war, wie zu erwarten, eine tolle Wahl für den Schauplatz eines Mystery-Krimis. Wertvolle Bücher, dunkle Ecken, Geistersichtungen und eine üppige Auswahl an potenziellen Verdächtigen – was will man mehr?
Die Handlung selbst war in Ordnung, aber richtig begeistern konnte sie mich nicht. Es plätschert alles recht gemütlich vor sich hin, man wird gemeinsam mit den Protagonisten auf die ein oder andere falsche Spur gestoßen aber im Grunde ist die meiste Zeit absehbar, wohin die Reise geht. Das hat mich allerdings nicht weiter gestört, einen atemlosen Ich-kann-mich-nicht-losreißen-Thriller hatte ich schließlich nicht erwartet, für einen Cozy-Krimi war es hingegen gerade richtig. Ein wenig schade fand ich aber, dass die Erzählung an entscheidenden Stellen sehr dialoglastig wurde. Da ausschließlich aus Sallys Perspektive erzählt wird, erlebt man nur die Szenen mit, an denen sie beteiligt ist. Wesentliche Momente, in denen Schlüsselaspekte der Handlung erklärt werden, finden nur zum Teil mit ihr, oder gar ganz ohne sie statt, sodass die Autorin darauf ausgewichen ist, Johnny in langen Monologen wiedergeben zu lassen, was passiert ist. Mit Blick auf die Spannung und das Bedürfnis die Handlung mitzuerleben, statt sie nur erzählt zu bekommen, hätte es dafür eine bessere Lösung geben können.
Sally und Johnny stellen ein sympathisches Ermittlerduo dar, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass beide ein wenig mehr Substanz gehabt hätten. Vielleicht kommt das noch mit den Fortsetzungen, aber bisher haben sich beide ein wenig zu austauschbar angefühlt. Die übrigen Charaktere fügen sich schlüssig in die Geschichte ein, auch wenn es so viele waren, dass ich hin und wieder etwas durcheinandergeraten bin. Ansonsten bleibt mir noch der Hinweis darauf, dass das Buch erstmals in 1956 veröffentlicht wurde, was sich zweifellos in der Darstellung der Geschlechterrollen widerspiegelt. Das sollte man beim Lesen immer im Hinterkopf behalten, da sich das logischerweise sehr auf die Charakterisierung der Figuren und ihren Umgang miteinander auswirkt.

Alles in allem war es ein gemütliches Buch was sich hervorragend zur Unterhaltung zwischendurch eignet. Das Buch ist gerade richtig für jemanden, der nach einem seichten, kurzweiligen Lesevergnügen sucht und hat als Reihe durchaus Potential.